Wie
wir alle wissen, ist der Held in der griechischen Mythologie ein Hybrid von
Gott und Mensch. Nietzsche versteht den
Begriff des Helden als die Möglichkeit an zwei Welte teilzunehmen, ohne in
einer von beiden ganz aufzugehen. Nietzsche bezeichnet bekanntlich diese Welten
als apollinisch und dionysisch. Jedoch bedeutet zwischen zwei Welten zu sein,
keiner anzugehören. Das heißt: entwurzelt, ein „Johann ohne Land“ zu sein.
Die
Bedeutung des Helden lag darin, der Träger der Hoffnung für eine Gruppe, für
die Gesellschaft, für die Welt zu sein. Die Kehrseite der Münze ist die Figur
des Märtyrers, der Mensch der für eine Sache stirbt.
Vielleicht
waren diese zwei Probleme Nietzche bewusst: Entwurzelung des Helden und die Gefahr
des Märtyrertums. Vielleicht war dies der Grund, warum er die Figur des Helden
Prometheus die in seinem ersten Werk „Die Geburt der Tragödie“ erscheint, in
seinem zweiten Buch „Vorteil und Nachteil der Historie für das Leben“ aufgegeben
und durch die Figur der Jugend ersetzt wurde. Nach Nietzsche ist es die Jugend
die Hoffnungsträger der Gesellschaft. Die Jugend, sagt Nietzsche ist die Einzige,
die wegen ihrer Ehrlichkeit die Gesellschaft von ihrer Dekadenz retten kann.
Leider
löst Nietzsche damit nicht das Problem des Heldentums. Der einzige Unterschied besteht
darin, dass er den individuellen und einsamen Held, - Prometheus -, in einen kollektiven
Held, - die Jugend -, umgewandelt hat. Uns allen ist bewusst, wozu eine
Gesellschaft einen kollektiven Helden benötigt. Wenn wir gerade festgestellt
haben, dass der individuelle Held ein Märtyrer werden kann, so können wir jetzt
festhalten, dass ein kollektiver Held ein Opfer sein könnte, das für eine Sache
stirbt, ohne Wurzeln in der vorherigen Generation zu finden, um wenigstens dort
eine Unterstützung zu haben. Der Held, individuell oder kollektiv betrachtet,
ist immer entwurzelt und in der Gefahr.
In
„Die Geburt der Tragödie“ stellt Nietzsche Prometheus als Held im Gegensatz zu
Adam – der listiger, sagt Nietzsche. Meiner Meinung nach, wäre es angemessener Prometheus
Herkules gegenüber zu stellen. Hier ein Prometheus -der den Göttern gegenüber
ungehorsam ist, und ihnen das Feuer stiehlt, um den Menschen zu helfen; dort ein
Herkules, den Göttern gehorsame Held, die zwölf Aufgaben ausführt, die ihm
aufgetragen sind. Die Schmerzen, die die beide aus verschiedenen Gründen
ertragen müssen, sind heftig. Allerdings erhält Herkules, der Gehorsame, nur dank
Heras Mitgefühl die Unsterblichkeit.
Wir
stellen fest, dass das Schicksal des Helden, der frei und unabhängig handelt, nicht
dasselbe ist wie das des Helden, der die Befehle der Götter befolgt.
Diese
Botschaft ist vielleicht diejenige, die jede Diktatur aussendet. Im Fernsehen
und auch auf den Werben monitoren in der U-Bahn sieht man Menschen, die Helden
sind, weil sie ihre Aufgaben im Beruf erfüllen. Die Erfüllung der Aufgabe ist ihr
Schicksal und ihr Beitrag zum Schicksal der Nation. Selbst wenn sie kleine
technische Pannen beheben sind sie heroisiert dargestellt.
Das
ist der Grund, warum keine Diktatur (egal welche Art von Diktatur) schaffen
kann, was sie eigentlich verfolgt: eine Gesellschaft der Helden. Was die
Diktaturen stattdessen schaffen sind entweder narzisstischen Systemen
(kollektiver Narzissmus, wie nationale Größe) – wo jeder sich selbst als Helden
sieht, weil wenn er einem alltäglichen Problem löst, davon überzeugt ist, dass
er damit zur Größe der Nation beiträgt – oder in einem waghalsigen und
todesmutigen Kommando, bereit ist, für die Große der Nation zu sterben.
Hier
möchte ich an zwei Gedankengänge erinnern:
1. Wie
Brecht in einer seiner Gedichte geschrieben hat: ein Toter ist ein Toter und
riecht schlecht.
2. Wie
die Helden - die frei und alleine kämpfen für das, dass sie als wesentlich und
essentiell betrachten - sagen: Jeder Mensch wird sterben; entscheidend ist
aber, wofür er stirbt.
Held-sein
bedeutet keinen Titel, kein Amt. Held-sein ist weder eine Pflicht noch eine
Verantwortung; noch viel weniger bedeutet Held-sein ein Schicksal.
Held-sein
bedeutet, aus einer freien und fundamentalen persönlichen Überzeugung heraus zu
handeln, frei von Gefühlsduseleien Manipulationen und propagandistischen
Narrativen.
In
Zeiten wie unserer, in denen ein auf sich gestellter Mensch kaum überleben kann
vermag ich nicht daran zu glauben, dass Helden existieren können. Es gibt aber
Menschen, die sich dafür entscheiden für eine Sache zu kämpfen und sogar zu
sterben, unabhängig davon, ob sie von einer Gruppe, einem Narrativ, eine
Ideologie manipuliert sind oder nicht. Ob jemand ein Held oder eher ein verführter
Mensch ist, entscheiden die Götter. Das heißt: die Mächtigen.
Isabel
Viñado Gascón
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