Freitag, 5. Dezember 2025

Arbeit

 

Meiner Meinung nach beruht jede philosophische Betrachtung der Arbeit auf zwei Ideen, die bereits der Bibel entnommen werden können.

Zum einen Genesis 3:19. „Im Schweiße deines Angesichts sollst du dein Brot essen, bis dass du wieder zu Erde werdest, davon du genommen bist. Denn du bist Erde und sollst zu Erde werden. „

Zum anderen Matthäus 4:4: „Und er antwortete und sprach: Es steht geschrieben: „Der Mensch lebt nicht vom Brot allein, sondern von einem jegliches Wort, das durch den Mund Gottes geht.“

Der Bibel meint nicht, dass nur Gottes Wort ernähren kann, sondern dass der Mensch nicht vom Brot allein lebt.

Ein Philosoph, der ebenfalls in diese Richtung geht ist Aristoteles. Er meint, um philosophieren zu können, bedarf es zuerst, die notwendigen materiellen Bedürfnisse gedeckt zu haben.

Die Materialisten haben sich auf die erste Perspektive (s.o. Genesis) konzentriert. Alles hat mit „Essen“, mit „Lohn“, zu tun. Am Anfang der Industrialisierung haben sich viele Intellektuelle Sorgen um die geistige Entwicklung („Ernährung“) des Menschen gemacht. Die Wahrheit ist, dass aus der Perspektive der Materialisten der Geist auch materielle Ernährung (Lohn) benötigt, um sich entwickeln zu können. Die Konsequenz davon ist, dass die Kultur für einige Arbeit, für andere „Steckenpferd“ ist. Für die Mehrheit aber ist Kultur eine neue Art und Weise von Massenkonsum geworden.  Kultur ist nicht nur „Hochkultur“ wie Opern- und Museumsbesuch oder Bücherlesen. Kultur sind Restaurants, Reisen, Freizeitaktivitäten.

Die radikalen Idealisten konzentrieren sich auf den Geist. Für sie sind Krankheiten nur psychosomatische Erscheinung. Der Geist steuert den Körper, und wenn der Körper krank ist, ist es immer, weil der Geist in einem schwachen Zustand ist. Wenn der Geist stark ist, kann der Körper alles ertragen. In dieser Richtung bewegen sich die meisten Mystiker und östliche Religionen.

Man kann über die Arbeit, die Ungerechtigkeit der Macht- und Einkommensverteilung viel schreiben. Mich interessiert vor allem meine Abneigung gegenüber der Dialektik von Knecht und der Meister bei Hegel klar zu stellen, und zwar aus zwei Gründen:

1.      Dieses Beispiel erklärt die meisten Arbeitsbeziehungen zwischen Menschen nicht. Hegel spricht von einem Meister, der keine Angst vor dem Tod hat, und einem Knecht, der mit der ständigen Angst vor dem Tod lebt. Das trifft nicht zu. Der Knecht hat nicht so viel Angst vor dem Tod wie der Meister, weil er eigentlich schon halb tot ist. Er besitzt nur einen Körper, aber er hat kaum Möglichkeiten, sich als Mensch zu entwickeln. Der Meister dagegen, hat alles. Wer, der alles hat, hat keine Angst zu sterben? Nur die Meister, die fürchten alles zu verlieren oder davor träumen, noch mehr zu besitzen haben keine Angst vor dem Tod. Diejenigen, die überzeugt sind, dass sie alles haben, was sie zu besitzen wünschen, fürchten dagegen den Tod.

 

2.      Die Hegelsche Dialektik mündet in ihrer Konsequenz in der Praxis in einen der furchtbarsten und unmenschlichen Sätze dieser Welt: „Arbeit macht frei“. Arbeit macht nie frei. Arbeit ist die notwendige Leistung des Menschen, sein alltägliches „Brot“ zu erlangen. In der Antike, war Arbeit die unfreie Tätigkeit der Sklaven (vgl. im Lateinischen negotium als Negation des otium)

 Isabel Viñado Gascón

(Dieser Artikel erschien erstmals in MoMo Pub Talk am 16. Januar, 2022)

 

 

 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.