Ich glaube, dass der Vertrag die
Funktionsweise der Gesellschaft erleichtert, aber die Gesellschaft als solche, entsteht
nicht aus einem Vertrag. Kein Vertrag kann es auch hinkriegen, dass sie zusammenhält
und sich erhält.
Wo liegt dann der Grund für den
Zusammenhaltung der Gesellschaft?
Meiner Meinung nach liegt der
Grund in dem Gemeinwohl.
Aus meiner Sicht besteht der
Begriff „Gemeinwohl“ aus zwei Komponente: die eine ist das materielle Element;
die andere ist das „spirituelle“. In dieser Hinsicht ähnelt der Aufbau einer
Gesellschaft dem Bau einer Kathedrale.
Der Bau einer Kathedrale
erfordert Steine – das heißt, die Materielle Unterstützung – und einen
gemeinsamen Geist, um das Projekt durchzuführen. Ohne dieser Geist, wäre eine
Kathedrale ein bloßes Gebäude. Auch ohne diesen gemeinsamen Geist ist die
Gesellschaft nichts anderes, als ein reine Sozial Körper. Kein Vertrag kann die
Existenz dieses gemeinsamen Geistes schaffen.
Woher entsteht dieser Geist? Man
kann Steinen anschaffen kaufen, und sogar stehlen. Auch der Geist kann durch
Propaganda, sogar durch Verzweiflung generiert werden. Ich persönlich möchte
lieber denken, dass der Geist einer gesunden Gesellschaft, aus dem Enthusiasmus,
um Träumen zu verwirklichen, entsteht. Je größer der Kathedrale, desto mehr
Steinen und Geist werden benötigt. Je größer der Kathedrale desto komplexer
werden auch die Planungen, die Berechnungen, die Korrekturen und die Unfälle. Ein
Vertrag reguliert dieses Prozesses. Er erleichtert ihn sogar, da er Sicherheit
in den menschlichen Beziehungen bringt. Die Steine und der gemeinsame Geist
kann er niemals erschaffen.
Die Gesellschaft als Allgemeinwohl
ist, zum Beispiel, bei Hobbes zu finden. In „Der Leviathan“ der Pakt richtet
sich nicht, um Frieden zwischen den menschlichen Bestien hinzukriegen. Der
Frieden ist nur ein Mittel, ein Werkzeug, das das wahre Ziel: das Allgemeinwohl
-unternehmerische Aktivitäten, Entwicklung des Wissens - ermöglicht.
Auch Machiavelli verteidigt in
seinem „Diskursi“, dass das Allgemeinwohl die Voraussetzungen der Gesellschaft
ist. Mir ist die Kontroverse bekannt, die der Begriff „Allgemeinwohl“ generiert.
Strauss kritisiert die Machiavelli These heftig. Er nennt ihn sogar „Dämon“.
Strauss kannte besser als jeder andere, die zerstörerische und gefährliche
Konsequenzen, eines falschen Gebrauches des „Allgemeinwohl“. Wer entscheidet darüber
was es bedeutet?
Ich würde sagen, dass Problem
ist zur Existenz der „parallelen Gesellschaften“ zuführen. Eigentlich ist das kein
neues Phänomen. In Mittel Alter lebte die Gruppe, die die Gesellschaft
organisiert hat, hinter der Mauer einer Burg und baute aus Sicherheitsmaßnahmen
einen Graben herum. Man konnte die Burg nur durch Zugbrücken betreten. Auch
wenn es nur ein Königreich gab, existierten zwei parallele Gesellschaften: die,
von denen in der Burg gelebt haben, und die, von denen draußen geblieben sind.
Die Beziehungen untereinander waren rein funktionell,
In Moment stehen wir vor
demselben Phänomen. Es existiert eine globale Gesellschaft, mit ihren eigenen
Bedürfnissen, eigene Regel, eigene Ziele. Und eine „lokal“ Gesellschaft, mit
ihrer eigenen Dynamik. Ich schlage keine kompakte Gesellschaft vor. Per
Definition kann keine Gesellschaft kompakt sein, weil Gesellschaften einen
organischen Ursprung haben.
Das Problem ist, dass alles durch Verträge und
Regulierungen geregelt ist. Es gibt keine gemeinsame Aufgabe. Das Einzige, was
ausgetauscht wird sind Funktionen und Rollen. Die globale Gesellschaft verlangt
qualifizierte Fachkräfte, die lokale Gesellschaft gerechte Löhne. Wenn noch
nicht mal die Ehe ein gemeinsames Projekt ist, sondern nur eine Teilung der
Rolles, oder der Einkommen und Ausgaben ist, was wollen wir von der Gesellschaft verlangen?
Isabel Viñado Gascón
(Dieser Artikel erschien erstmals in MoMo PubTalk am 01.03.2020)
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