Das
Wort „Endlichkeit“ bezieht sich auf alles, was ein Ende in der Zeit oder eine
räumliche Begrenzung hat. Dem Konzept „Endlichkeit“ steht ein entgegengesetztes
Konzept gegenüber: „die Unendlichkeit“. Aus der Sicht des Nihilismus, gehört zur
Endlichkeit das Leben und zur Unendlichkeit gehört das Nichts. Aus der Sicht
des Christentums, ist das Thema komplizierter.
Gott
ist das Absolute, ist Unendlichkeit; aber der Mensch kann sich nicht direkt - heutzutage
würde man wohl sagen: „automatisch“ - mit dem Absoluten in Verbindung stellen. Auch
nach dem Tod gibt es eine Phase der „Reinigung“ bis zum Erreichen jener
„mystischen Vereinigung“, die nichts oder wenig mit Ekstase oder mystische
Verzückung zu tun hat.
Die
verbindende Figur zwischen dem Absoluten (Unendlichkeit) und dem Individuum
(Endlichkeit) ist Christus. Christus ist die Unendlichkeit, die endlich
geworden ist. Das heißt: die Unendlichkeit (ohne räumliche oder zeitliche
Grenzen) ist Geschichte – hier und jetzt- geworden und deshalb auch dem Tod
unterworfen.
So
gesehen ist die christliche Botschaft voller Widersprüche jedes endlichen und
konkreten Individuums. Es darf jedoch nicht vergessen werden, dass Christus das
Unendlichen, das endlich geworden ist, verkörpert. Daher ist die christliche
Botschaft die Ankündigung, dass der Einzelne ein transzendentes Wesen ist. Das
heißt, dass er endlich in seiner Individualität ist; deshalb geht er als
Individuum und nicht als Volk in Richtung Transzendenz - und noch viel weniger
als Herde.
Die
Auferstehung Christi ist eine individuelle und einsame Auferstehung, die die
Hilfe des unendlichen Absoluten nicht benötigt, um ihn zu retten. Das
Individuum aufersteht nur aus dem Vertrauen in seine eigene Transzendenz. Das
heißt: in der Transzendenz seiner Werke, die hier und jetzt aufgebaut sind. Das
Individuum aufersteht aus dem Vertrauen in die Unendlichkeit seiner eigenen
Endlichkeit.
Welcher
Begriff verbindet das einsame Individuum mit den anderen? Dieses Konzept ist
Liebe.
Das
Individuum ist endlich, das bedeutet, dass er die Menschheit nicht lieben kann.
Er kann nur den Nächsten lieben. Die Welt ist nicht zu retten. Man kann
höchsten sagen: Wer sich retten will, folge mir. Die Liebe zum Nächsten ist keine
Pflicht, kein „Muss“. Es ist eine Liebe, die ausschließlich auf individueller
Stärker und bewussten Glauben in der Endlichkeit hier und jetzt, die aber diese
Endlichkeit transzendiert, beruht.
Die
Postmoderne konfrontiert den Menschen mit zwei großen Gefahren:
1. Die
Inversion (Verkehrung, Umkehrung) individueller christlicher Liebe (Nächstenliebe)
in kollektive Liebe. Nächstenliebe wird dadurch verdächtig und als narzisstische
oder toxische Liebe abgestempelt und im besten Falle als Naivität deklariert.
Man wird nur die Liebe zu kollektiven Gruppen akzeptieren, auch wenn jeder
weiß, dass jedes Kollektiv und jeder Gruppe einfach nur ein künstliches und
funktionales Konstrukt ist.
2. Postmoderne
leugnet die Transzendenz der Endlichkeit; aber um das Hindernis des Nichts
überwinden zu können, errichtet die Postmoderne eine Vielzahl von
Endlichkeiten: Parallelwelten, multiple Dimensionen, in denen jeder Art von
Grenzen, - welche Art auch immer – verabscheut werden. Die Endlichkeit wird ein
Labyrinth ohne Grenzen aber gleichzeitig auch ohne Transzendenz, in der die
Liebe nur als funktional verstanden und akzeptiert wird. Liebe ist entweder Sex,
oder chemische Reaktionen oder Hilfe zu einer Gruppe.
Isabel
Viñado
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