Donnerstag, 25. Juni 2020

Trans-humanisierende Technologien: eine biblische Betrachtung.


Ihre Neugier kostete Adam und Eva die Vertreibung aus dem Paradies. Wie hätte die Schlange sie anderenfalls verführen können?

Jedoch bringt Ihre Vertreibung durch Gott einige logische Probleme mit sich.

Erstens, weil Gott dem Menschen nach seinem Ebenbild geschaffen hat, soll der Mensch von Anfang ein schöpferisches und damit notwendig neugieriges Wesen sein. Zweitens, Gott hat Adam die Herrschaft über die anderen Lebewesen gewährt, verschwieg ihm aber, die Existenz der Schlange. Drittens, da Adam vor seinem Treff mit der Schlange noch nicht vom Baum der Erkenntnis von Gut und Böse gegessen hatte, konnte er nicht, – auch wenn er einen freien Willen besaß, zwischen Gut und Böse unterscheiden. Wie konnte er dann Gottes Gebot befolgen, nicht von den Früchten dieses Baumes zu essen? Blinder Gehorsam oder blinde Unfolgsamkeit sind nicht gerade Merkmale eines intelligenten Menschen. Die menschliche Geschichte zeigt wie desaströs dies sein kann.

Nachdem Gottes Kreaturen die Frucht des verbotenen Baums gegessen hatten, setzte Gott sie sofort beide mit ihrer Unwissenheit, ihrer Natur und ihrer Sünde in die unbekannte und gefährliche Welt; das heißt: in die konkrete historische Welt.

Was in diese ganze und verwirrende Handlung Gottes Kohärenz bringt, ist der Umstand, dass zwischen „Gottes Ebenbild“ zu sein, und „wie Gott zu sein“, ein unüberwindbarer Unterschied besteht.

Kurz: Es gehört zur Natur des Menschen, neugierig zu sein, schöpferisch zu sein, und sogar die Welt zu verwandeln. Gott zu werden, gehört allerdings nicht dazu. Die Merkmale die allein zu Gott gehören, sind seine Absolutheit und die Ahistorizität. Im Paradies, war Adam nicht absolut, aber er war ahistorisch. Die Vertreibung aus dem Paradies bedeutet für den Menschen den Verlust dieser Ahistorizität. Der Mensch wird historisch.

Seitdem strebt der Mensch-danach, seine erste paradiesische Natur als ewiges ahistorisches Wesen zurückzuerlangen. Gerade das ist es, was die Menschen erreichen wollten, als sie den Turmbau von Babel unternahmen: ahistorisch zu werden, indem sie sich mit dem Turmbau wie die Genesis Geschichte sagt: einen „Namen machen“, „dann werden wir uns über die ganze Erde zerstreuen“.

Wieder wird Gott den Menschen bestrafen. Das erste Mal verbannte Gott Adam aus dem Paradies, aus der Ewigkeit. Dieses Mal vertreibt Gott den Menschen aus dem Menschen selbst, indem Er ihn dazu verurteilt, in verschiedenen Sprachen zu sprechen. Der „Ich -Mensch“ kann nicht mehr den „Du-Menschen“ verstehen. Aber weil der „Ich-Mensch“ sich in einem „Du-Menschen“ reflektieren soll, um sich selbst erkennen zu können, bleibt die Kommunikation gebrochen, nicht nur mit dem „Du- Menschen“; auch mit sich selbst. Die Unmöglichkeit der Kommunikation verursacht die Entfremdung des Menschen gegenüber seinem Werk, den anderen Menschen und sich selbst.

Die Verbannung, die Vertreibung des Menschen aus sich selbst, bedeutet die zweite große Strafe Gottes.

Vor diesem Hintergrund ist Jesus Ankunft extrem wichtig. Denn Er ist die Erlösung der Menschheit. Der absolute Gott kommt als Mensch auf die Erde, um die Sünden zu vergeben. Das heißt, dass der Mensch in die Ahistorizität zurückkehren kann und das Ewige Leben genießen wird, entweder bei Gott, oder bei der Schlange in der Hölle. Eigentlich entfernt sich diese Konzeption nicht sehr viel von den Theorien der Reinkarnation. Der Unterschied liegt aber darin, dass für die letztere dieses sich wiederholende Zurückkehren zur Erde, die Hölle selbst ist. Aber beide Konzeptionen fordern als Bedingung für dieses ewiges mit dem Absoluten vereinigten Leben ein reines Herz, reine Seele und Geist.

Die Versuchung wie Gott zu sein, das heißt: die Versuchung absolut und ahistorisch zu sein, bleibt für Adams Erben unwiderstehlich.

Transhumanisierende Technologien (TT) wie Künstliche Intelligenz, Biotechnologien und Robotik sind dabei, die Binome absolut/konkret, und ahistorisch/historisch zu überwinden, nicht nur auf der metaphysischen Ebene des ewigen Lebens, sondern auch auf der realen Ebene des Hier und Jetzt.
TT erntet aber Probleme so auf pragmatischem wie auf philosophischen Felden.

Individuell gesehen:

Dank TT verbessert der Mensch seinen Körper: weniger Krankheiten, größere physische Leistung. Was aber passiert mit den „tierischen“ Instinkten des Menschen?

Dank TT verbessert der Mensch seinen Geist: mehr Intelligenz, Vergrößerung der Gehirnkapazitäten. Was mit den Emotionen, entgegengesetzten individuellen Wünschen und zerstörerischen Passionen passiert, bleibt unklar.

Gesellschaftlich gesehen:

Es stellt sich die Frage, ob TT dazu führt, dass die Menschen gleichgemachte exakte Kopien voneinander werden, oder nicht. Im ersten Fall, wäre Freiheit unmöglich und es entsteht die Frage, wer und auf welcher Grundlage diese Cyborg-Gesellschaft beherrschen würde. Im zweiten Fall bestehen die Ungleichheit in der Gesellschaft, die Konkurrenz zwischen den Individuen, der soziale und politische Kampf zwischen Reicheren und Ärmeren, zwischen Mächtigeren und Schwächeren weiter, sogar verstärkt, wenn auch durch die von der TT vorangetriebene menschliche Evolution, auf einer höheren Ebene.

Metaphysisch gesehen:

TT löst nicht das Problem der Existenz Gottes.

Auch bewältigt TT nicht das Problem des Dualismus zwischen Körper und Geist. Selbst wenn der Geist sich in Verbindung mit einer Maschine statt mit dem biologischen Körper verbindet, bedeutet das lange noch nicht eine Lösung– eher das Gegenteil.

Das schwierigste Problem, das TT für die Metaphysik mit sich bringt, ist jedoch, das Problem der Inversion zwischen Schöpfer und Schöpfung. Der TT schaffende Mensch wird am Ende zum Geschöpf seiner TT.

Gott schuf den Menschen aus Lehm. Gott, der absolut ist, hauchte dem Menschen seinen Atem ein. Mehr noch: Gott kommt immer wieder zu den Menschen, zeigt sich ihnen, offenbart sich. Als ob Gott, den Menschen als sein Spiegelbild nötig hätte.

Als Gottes Ebenbild schafft der Mensch die TT als Ebenbild seiner selbst, nur statt aus Lehm, aus Chips, modifizierten Gensequenzen und Bytes. Aber anders als Gott ist der Mensch nicht derjenige, der seinen Atem in seine Kreation einfließen lässt. Anfänglich vom Menschen entwickelt, hauchen nun TT im Ergebnis ihren Atem den Menschen ein. TT wird nicht menschlich. Der Mensch wird TT.
Durch diese Inversion wird der Mensch das Ebenbild eines neuen Gottes: TT. Der Mensch will, braucht, keine Vergebung des alten Gottes mehr.

Selbst wenn der Mensch sich vom Tod durch TT befreien könnte, was ziemlich schwierig ist, denn dafür bräuchte TT eine unerschöpfliche und ewig funktionierende Energie, hätte der Mensch das einzige was ihm noch übrig bleibt verloren: das Menschensein.





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