Ihre Neugier kostete Adam und Eva
die Vertreibung aus dem Paradies. Wie hätte die Schlange sie anderenfalls
verführen können?
Jedoch bringt Ihre Vertreibung
durch Gott einige logische Probleme mit sich.
Erstens, weil Gott dem Menschen nach
seinem Ebenbild geschaffen hat, soll der Mensch von Anfang ein schöpferisches
und damit notwendig neugieriges Wesen sein. Zweitens, Gott hat Adam die
Herrschaft über die anderen Lebewesen gewährt, verschwieg ihm aber, die
Existenz der Schlange. Drittens, da Adam vor seinem Treff mit der Schlange noch nicht vom Baum der
Erkenntnis von Gut und Böse gegessen hatte, konnte er nicht, – auch wenn er
einen freien Willen besaß, zwischen Gut und Böse unterscheiden. Wie
konnte er dann Gottes Gebot befolgen, nicht von den Früchten dieses Baumes zu
essen? Blinder Gehorsam oder blinde Unfolgsamkeit sind nicht gerade Merkmale eines
intelligenten Menschen. Die menschliche Geschichte zeigt wie desaströs dies
sein kann.
Nachdem Gottes Kreaturen die
Frucht des verbotenen Baums gegessen hatten, setzte Gott sie sofort beide mit
ihrer Unwissenheit, ihrer Natur und ihrer Sünde in die unbekannte und
gefährliche Welt; das heißt: in die konkrete historische Welt.
Was in diese ganze und
verwirrende Handlung Gottes Kohärenz bringt, ist der Umstand, dass zwischen
„Gottes Ebenbild“ zu sein, und „wie Gott zu sein“, ein unüberwindbarer
Unterschied besteht.
Kurz: Es gehört zur Natur des
Menschen, neugierig zu sein, schöpferisch zu sein, und sogar die Welt zu verwandeln.
Gott zu werden, gehört allerdings nicht dazu. Die Merkmale die allein zu Gott
gehören, sind seine Absolutheit und die Ahistorizität. Im Paradies, war Adam
nicht absolut, aber er war ahistorisch. Die Vertreibung aus dem Paradies
bedeutet für den Menschen den Verlust dieser Ahistorizität. Der Mensch wird
historisch.
Seitdem strebt der Mensch-danach,
seine erste paradiesische Natur als ewiges ahistorisches Wesen zurückzuerlangen.
Gerade das ist es, was die Menschen erreichen wollten, als sie den Turmbau von
Babel unternahmen: ahistorisch zu werden, indem sie sich mit dem Turmbau wie
die Genesis Geschichte sagt: einen „Namen machen“, „dann werden wir uns über
die ganze Erde zerstreuen“.
Wieder wird Gott den Menschen bestrafen. Das erste Mal
verbannte Gott Adam aus dem Paradies, aus der Ewigkeit. Dieses Mal vertreibt
Gott den Menschen aus dem Menschen selbst, indem Er ihn dazu verurteilt, in verschiedenen
Sprachen zu sprechen. Der „Ich -Mensch“ kann nicht mehr den „Du-Menschen“ verstehen.
Aber weil der „Ich-Mensch“ sich in einem „Du-Menschen“ reflektieren soll, um
sich selbst erkennen zu können, bleibt die Kommunikation gebrochen, nicht nur
mit dem „Du- Menschen“; auch mit sich selbst. Die Unmöglichkeit der
Kommunikation verursacht die Entfremdung des Menschen gegenüber seinem Werk, den
anderen Menschen und sich selbst.
Die Verbannung, die Vertreibung des Menschen aus sich
selbst, bedeutet die zweite große Strafe Gottes.
Vor diesem Hintergrund ist Jesus Ankunft extrem
wichtig. Denn Er ist die Erlösung der Menschheit. Der absolute Gott kommt als
Mensch auf die Erde, um die Sünden zu vergeben. Das heißt, dass der Mensch in
die Ahistorizität zurückkehren kann und das Ewige Leben genießen wird, entweder
bei Gott, oder bei der Schlange in der Hölle. Eigentlich entfernt sich diese
Konzeption nicht sehr viel von den Theorien der Reinkarnation. Der Unterschied
liegt aber darin, dass für die letztere dieses sich wiederholende Zurückkehren zur
Erde, die Hölle selbst ist. Aber beide Konzeptionen fordern als Bedingung für
dieses ewiges mit dem Absoluten vereinigten Leben ein reines Herz, reine Seele
und Geist.
Die Versuchung wie Gott zu sein,
das heißt: die Versuchung absolut und ahistorisch zu sein, bleibt für Adams Erben
unwiderstehlich.
Transhumanisierende Technologien
(TT) wie Künstliche Intelligenz, Biotechnologien und Robotik sind dabei, die Binome
absolut/konkret, und ahistorisch/historisch zu überwinden, nicht nur auf der metaphysischen
Ebene des ewigen Lebens, sondern auch auf der realen Ebene des Hier und Jetzt.
TT erntet aber Probleme so auf pragmatischem
wie auf philosophischen Felden.
Individuell gesehen:
Dank TT verbessert der Mensch seinen
Körper: weniger Krankheiten, größere physische Leistung. Was aber passiert mit
den „tierischen“ Instinkten des Menschen?
Dank TT verbessert der Mensch
seinen Geist: mehr Intelligenz, Vergrößerung der Gehirnkapazitäten. Was mit den
Emotionen, entgegengesetzten individuellen Wünschen und zerstörerischen
Passionen passiert, bleibt unklar.
Gesellschaftlich gesehen:
Es stellt sich die Frage, ob TT
dazu führt, dass die Menschen gleichgemachte exakte Kopien voneinander werden,
oder nicht. Im ersten Fall, wäre Freiheit unmöglich und es entsteht die Frage, wer
und auf welcher Grundlage diese Cyborg-Gesellschaft beherrschen würde. Im zweiten
Fall bestehen die Ungleichheit in der Gesellschaft, die Konkurrenz zwischen den
Individuen, der soziale und politische Kampf zwischen Reicheren und Ärmeren,
zwischen Mächtigeren und Schwächeren weiter, sogar verstärkt, wenn auch durch
die von der TT vorangetriebene menschliche Evolution, auf einer höheren Ebene.
Metaphysisch gesehen:
TT löst nicht das Problem der
Existenz Gottes.
Auch bewältigt TT nicht das
Problem des Dualismus zwischen Körper und Geist. Selbst wenn der Geist sich in
Verbindung mit einer Maschine statt mit dem biologischen Körper verbindet,
bedeutet das lange noch nicht eine Lösung– eher das Gegenteil.
Das schwierigste Problem, das TT für
die Metaphysik mit sich bringt, ist jedoch, das Problem der Inversion zwischen
Schöpfer und Schöpfung. Der TT schaffende Mensch wird am Ende zum Geschöpf
seiner TT.
Gott schuf den Menschen aus Lehm.
Gott, der absolut ist, hauchte dem Menschen seinen Atem ein. Mehr noch: Gott kommt
immer wieder zu den Menschen, zeigt sich ihnen, offenbart sich. Als ob Gott,
den Menschen als sein Spiegelbild nötig hätte.
Als Gottes Ebenbild schafft der
Mensch die TT als Ebenbild seiner selbst, nur statt aus Lehm, aus Chips,
modifizierten Gensequenzen und Bytes. Aber anders als Gott ist der Mensch nicht
derjenige, der seinen Atem in seine Kreation einfließen lässt. Anfänglich vom
Menschen entwickelt, hauchen nun TT im Ergebnis ihren Atem den Menschen ein. TT
wird nicht menschlich. Der Mensch wird TT.
Durch diese Inversion wird der
Mensch das Ebenbild eines neuen Gottes: TT. Der Mensch will, braucht, keine
Vergebung des alten Gottes mehr.
Selbst wenn der Mensch sich vom
Tod durch TT befreien könnte, was ziemlich schwierig ist, denn dafür bräuchte TT
eine unerschöpfliche und ewig funktionierende Energie, hätte der Mensch das
einzige was ihm noch übrig bleibt verloren: das Menschensein.
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