Es gibt gute Bücher und andere, die
nur genial genannt werden können. Dieses von Voltaire gehört zu der letzteren
Kategorie. Nie in meinem Leben – außer der „Die Geschichte der Eroberung der
Neuen Spaniens“ von Bernal Díaz del Castillo - hatte ich ein so interessantes, präzises und
gut geschriebenes Geschichtsbuch in meinen Händen gehabt.
Die Heiterkeit seiner
Feder, der Scharfsinn seines Geistes und die Tiefe und Gründlichkeit seines
Denken nehmen den Leser in Bann. Was an den Aufklärern beeindrückt –ob sie
Montesquieu, Voltaire oder Kant heißen – ist die Präzision ihrer Analysen so
wie ihr gesunder Menschenverstand. Ihre Hauptanspruch besteht darin, dass die
Menschen über
die nötigen Mitteln verfügen
sollen, damit sie sich nach ihren Temperamente und Fähigkeiten entwickeln
können. Nur so sind sie imstande, rational und tugendhaft zu handeln statt
gezwungen zu sein, den Ansichten von Machtgruppen zu folgen – ganz gleich, ob
diese Machtgruppen staatliche, ökonomische oder religiöse sind. Die Bezugnahme
der Aufklärer auf die Ausübung
der Tugend hat rein praktische Gründen:
Ihre Absicht ist es nicht, dass die Menschheit eine heilige wird, sondern dass
die Gesellschaften überleben
können.
Kurzum: Was kann man über ein geniales Buch
sagen – genial von der ersten Seiten an -, das an Aktualität nicht eingebüßt hat. Die Ereignisse
sind Vergangenheit. Aber die Umstände von heute und gestern sehen sehr ähnlich
aus. Zum Beispiel: Der Gedanke, dass Edelmetalle allein noch nicht den Reichtum
eines Staates ausmachen. Seiner Meinung nach bilden der Handel, die Industrie
und die Landwirtschaft die eigentlichen Aktivitäten, die Reichtum erschaffen. Trotz
vieler Gegenstimmen, kann diese
Behauptung immer noch als zutreffend betrachtet werden. Viele Ländern, die ihre
Einkunfte aus Erdöl und anderen Bodenschätzen erzielen, unterdrücken ihre Bevölkerung
durch manifeste Armut und Unbildung. Weder Voltaire noch Montesquieu halten
Gold oder andere Edelmetallen für
das Allheilmittel, als das viele es heutzutage sehen wollen. Gold kann nicht
ernähren. Den Reichtum eines Landes kann man nur erschaffen durch die
Herstellung von Gütern,
Lebensmitteln und Kultur. Alles das kann man nicht aus eine Bergwerk fördern,
sondern aus dem Geist und den Anstrengungen einer Bevölkerung. Der Staat ist
verpflichtet, die Aktivität seiner Bürgerinnen
und Bürger zu fördern. So
gesehen ist die Friedenssicherung nach Voltaire die erste Aufgabe des Staates;
die zweite ist der Schutz der Produktion eines Landes gegenüber den Importen aus dem Ausland; die dritte, die Bürgerinnen und Bürger richtig
auszubilden, um die Herstellung der Produkte zu verbessern. Deshalb misst
Voltaire dem praktische Wissen, das die Engländer in seiner Zeit entwickelten,
einen höheren Stellenwert bei als dem didaktischen oder theoretischen Wissen,
das durch Descartes symbolisiert wird; die vierte ist die Toleranz; die fünfte Hauptaufgabe des
Staates die radikale Trennung zwischen Kirche und Staat.
Das Thema der
Staatsverschuldung macht Voltaire auch Sorgen. In seinen Zeit waren die Ursache
hierfür die ständigen Kriege.
Heute ist die Staatsverschuldung meiner Meinung nach auf zwei Gründe zurückzuführen: Der erste liegt in
der unbeschränkten Gier der Finanzwelt. Der zweite Grund: Die Virtualität überzieht heutzutage das
Reale. Die Realität ist von einem dünnen
Nebel umhüllt,
den viele nicht durchdringen können (oder wollen). Dennoch: Die Realität setzt
sich am Ende immer durch. Sie zu negieren, bedeutet noch lange nicht, sie zu
verändern. Früher
oder später tritt die Härte der Realität ans Licht. In diesem schwierigen
Erwachen sind wir jetzt.
Die Voltaire-Ausgabe,
die ich benutzt habe, ist: „Le siècle de
Louis XIV” Voltaire. Bibliothèque classique. Le livre de poche. Librairie
Générale Française, 2005. Édition établie, présentée et annotée par Jacqueline
Hellegouarc’h et Sylvain Menant. Die Übersetzungen der
Zitate sind meine eigenen. Sie erscheinen in Begleitung der Originaltexte.
Voltaires eigentliche
Absicht – laut seiner eigenen Bemerkungen - ist ein Werk zu schreiben, das
nicht nur vom Leben Ludwig XIV handelt, sondern vielmehr von dem Geist dieses
Jahrhunderts, das Voltaire als das aufgeklärteste aller Jahrhunderte
bezeichnet. Ihn interessieren die Ereignisse, die dazu dienen, die Liebe zu
Tugend, Künsten
und Heimat zu lehren. S.127)
« On ne s’attachera, dans cette histoire, qu’à (…) ce qui peut servir
d’instruction et conseiller l’amour de la vertu, des arts et de la patrie.
Er äußert auch seine
Absicht, das Thema der katholischen Kirche zu behandeln . Seiner Meinung nach neigt
sie nämlich dazu, sich eher in die Politik und in die menschlichen
Leidenschaften einzumischen als sich um die Lehre der Moral kümmern. (S.127)
(…) Enfin on parlera de l’Église, qui
depuis si longtemps est liée au gouvernement (…) et qui, instituée pour
enseigner la morale, se livre souvent à la politique et aux passions humaines.
Das Buch besteht aus
zwei Bänden.
Der
erste Band umfasst Kapitel eins bis Kapitel dreiundzwanzig um. Es
behandelt vor allem die französische außen Politik während der Regierungszeits
Ludwigs XIV.
In diesem ersten Band
erscheinen vor allem drei Hauptideen:
A. Das christiliche Europa kann als
eine Republik verschiedener Nationen betrachtet werden.
B. Die nutzlosen Kriege, die meistens
durch die Willkür und Unfähigkeit der verschieden
Könige und Generale begonnen worden sind, verarmen Europa.
C. Der
Friede besteht aus einem (militärischen) Gleichgewicht der Kräfte zwischen den
Nationen.
Voltaire beschreibt die
Hauptzüge der verschiedenen
europäischen Nationen sowie die Kriege, die Europa verarmt und verwüstet haben. Noch nicht einmal
sein pflegmatischer Charakter und der Wunsch, die französischen militarischen
Siege zu loben, bringen ihn dazu, seine Abneigung gegenüber kriegerischen
Konflikten zu verheimlichen.
Voltaire
schlussfolgert, dass die Könige sich in militärische Unternehmungen stürzen, ohne sich um die
menschlichen Kosten zu kümmern,
sondern nur um die ökonomischen.
Nach der Lekture dieses
Buches könnte man sagen, dass die europäische Geschichte die Geschichte der
Kriege und der Friedensverträge ist. Die Geschichte der Kriege, die die Könige
–nicht aus Notwendigkeit, noch nicht einmal aus nationalen Interesse, sondern
wegen ihrer Laune und Willkür-
verursachen. Und die Geschiche auch der Friedenverträge, die die Regierungen zu
unterschreiben gezwungen sind, bevor sie die nächste kriegerische Aktion
anfangen.
A. Das christliche Europa als
eine Republik verschiedene Nationen
Voltaire denkt, dass
man das christliche Europa als eine Republik verschiedener Nationen und Regierungsformen
– Monarchie, Aristocratie, Populär - sehen kann.
Trotz aller
Unterschiede gibt es zwei Elemente, die
sie verbinden. Zum einen die Religion: Sie ist die selbe für alle, auch wenn sie
in verschiedene Konfessionen getrennt ist. Zum anderen die juristischen und
politischen Prinzipien, die das Mächtegleichgewicht durch zwischenstaatliche
Verhandlungen –sogar im Kriege - erlauben.
(S. 128) Il y avait déjà
longtemps qu’on pouvait regarder l’Europe chrétienne (à la Moscovie près) comme
une grande république partagée en plusieurs États (…) tous ayant un même fond
de religion quoique divisés en plusieurs sectes ; tous ayant les mêmes
principes de droit public et de politique inconnus dans les autres parties du
monde. C’est par ces principes que les nations européennes (…) s’accordent
surtout dans la saga politique de tenir entre elles, autant qu’elles peuvent,
une balance égale de pouvoir, employant sans cesse les négociations, même au
milieu de la guerre.
Die wesentliche Einheit,
die Voltaire in Europa beobachtet, führt
ihn zu der Behauptung, dass die meisten Kriege zwischen den christlichen Fürsten Europas eine Art
Bürgerkriege seien. (S.
390) « La plupart des guerres entre les princes chrétiens sont des espèces
de guerres civiles. »
Angesichts dieser Ähnlichkeiten,
die die Europäer verbinden, überprüft Voltaire den
Charakter und die Sitten der Völker verschiedener europäischer Staaten. Außer
Frankreich, analysiert Voltaire auch Deutschland, Spanien, England, Portugal,
Holland, den Kirchenstaat, Italien, die Schweiz, die skandinawischen Staaten
sowie die Türkei.
Spanien:
Es
ist wahr, dass Voltaire in seinem gesamten Werk keinen guten Eindruck Spaniens
durchblicken lässt. Wie jeder guter Franzose mit höfischen Sitten bringt er Gründe vor, die nicht den
wahren entsprechen. Meiner Meinung nach sind die wirklichen Gründe für seine Verachtung gegenüber den Spaniern
zweierlei.
Der
erste Grund liegt in der unbeschränkten Unterstützung, die die Spanier der
römisch-katholische Kirche – römisch vor allem - leisteten. Diese Unterstützung
verstezte den Vatikan im Allgemeinen und die Kleriker im Besonderen in die
Position, eine vorherrschende Rolle in den Angelegenheiten des Staates auszuüben.
Voltaire ist sich bewußt, dass die Spanier in religiösem Obskurantismus
verankert geblieben sind. Dies ermöglichte zwar den einflussreichen sozialen
Gruppen ihre Privilegien und Macht bewahren, verhinderte aber gleichzeitig,
dass sie sich den kritischen Geist der Aufklärung aneignen konnten.
Der
Neid, der die Entdeckung Amerikas in der die französischen Seele stifte, ist
der zweite Grund für Voltaires Haltung gegenüber den Spaniern. Die Franzosen
hatten nie verstanden, wie ein Land wie Spanien – in ihren Augen ungebildet und
grob - ein solches Unternehmen erfolgreich durchzuführen in der Lage war. Bis
heute haben sie sich nicht von dieser Überraschung erholt. Vor allem, weil sie
selber nie geschafft haben, was dieses „faule und lässige Volk“ in ihrer
südlichen Nachbarschaft geschaft hat. Ihrer Meinung nach kann man dies wohl nur
mit dem sprichwörtlichen dümmsten Bauern mit den größten Kartoffeln vergleichen.
Noch
nicht mal die verschwenderische Art und Weise wie die Spanier den Reichtum aus
Amerika in anderen europäischen Ländern, wie Italien und Holland ausgaben, und
was für beide einen Antrieb für die dortigen Renaissancen bedeutete - hat die
Franzosen trösten können. Ich bin mir sicher, dass dies für die Franzosen so
etwas wie ein Akt göttlicher Gerechtigkeit war, die die universelle Ordnung
wiederhergestellt hat. Auf jeden Fall – und zur Freude der Französen – blieben die
Konsequenzen der Unfähigkeit der spanische Regierenden und die unendlichen
Streitigkeiten zwischen ihren Untertanen nicht lange verborgen. Voltaire bemerkt auf Seite
136: « La grandeur espagnole ne
fut donc plus, sous Philippe III qu’un vaste corps sans substance, qui avait
plus de réputation que de force. Philippe IV, héritier de la faiblesse de son
père, perdit la Portugal par sa négligence, la Roussillon par la faiblesse de
ses armes et la Catalogne par l’abus de despotisme. Si nos divisions et nos
fautes leur donnaient à des peuples que leurs privilèges mettaient en droit de
mal servir ; les Castillans avaient la prérogative de ne point combattre
hors de leur patrie ; les Aragonais disputaient sans cesse leur liberté
contre le Conseil royal, et les Catalans, qui regardaient leurs rois comme
leurs ennemis, ne leur permettaient pas même de lever des milices dans leurs
provinces. Ainsi ce beau royaume était alors peu puissant au-dehors et
misérable au-dedans, nulle industrie ne secondait, dans ce climats heureux, les
présent de la nature ; ni les belles laines de l’Andalousie et de la
Castille n’étaient préparées par les mains espagnoles (…) »
Portugal. Von den Portuguiesen sagt Voltaire auf Seite 138, dass diese Handel aus Not
betrieben, die Spanier dagegen ihn wegen ihres Stolzes vernachlässigt hätten. « Les Portugais cultivaient par nécessité le
commerce que l’Espagne négligeait par fierté. »
Seine
Vorliebe für Holland versteckt Voltaire
nicht. Er hat dort als Gesandter der französischen Regierung gelebt. Er
charakterisiert ihre Einwohner – Calvinisten, zumeist – als unermüdliche Arbeiter,
die den Handel und die Freiheit liebten. Die holländische Ost-Indien-Companie
erwirtschaftet jedes Jahr hohe Profite. Das verderbe die bescheidene Simplizität
der hollandischen Bürger. Voltaire zufolge widersteht die holländische
Bevölkerung dem Tyrannen Philippe II mit all ihren Kräften. (S.
139) « (…) résistèrent à toutes les forces de leur
maître et de leur tyran, Philippe II (…) »
Außerdem seien sie unverbrüchlich mit den
Französen verbunden, weil sie beide die selben Feinde hätten. Er sagt
allerdings nicht – wenigstens nicht in
diesem Moment -, dass die Holländer auch mit allen ihren Kräften die Versuche
von Ludwig XIV Holland zu erobern, Widerstand entgegen setzen werden. Sogar ihr
eigenes Land werden sie überfluten,
um einen französischen Sieg zu verhindern.
Mit dem holländischen
Beispiel versucht Voltaire zu zeigen, dass Europas Geschichte auch die Geschichte
der Freiheit ist. (S.
284) « La disette fut grande chez se peuples: ils manquèrent surtout d’eau
douce (…) mais ces extrémités parurent moindres que l’esclavage. »
Voltaire beschreibt an
zwei verschiedenen Stellen Ludwig XIV als gegensätzlichen Charakter zu Wilhelm
von Oranje. Auf Seite 273 versichert er, dass Wilhelms phlegmatisches und
unprahlerisches Temperament geeignet war, um gegen alle Widrigkeiten zu
kämpfen. Er liebte den Krieg und kannte dabei weder die Freude der Pracht noch
der Menschlichkeit. Das machte aus ihm den Gegencharakter von Ludwig XIV.
« Le prince Guillaume d’Orange. Son
humeur était froide et sévère ; son génie, actif et perçant ; son
courage, qui ne se rebutait jamais, fit supporter à son corps faible et
languissant des fatigues au-dessus de ses forces. Il était valeureux sans
ostentation ambitieux flegmatique faite pour combattre l’adversité, aimant les
affaires et la guerre, ne connaissant ni les plaisirs attachés à la grandeur ni
ceux de l’humanité, enfin, presque en tout l’opposé de Louis XIV ».
Auf Seite 419 – im Zusammenhang mit
Wilhelms Tod am 19 März im Jahr 1702 – behauptet Voltaire, dass die Vorliebe für Wilhelm oder Ludwig
XIV von den Präferenzen abhänge, die jemand in Bezug auf bestimmte
Herrschereigenschaften habe. Diejenigen, die einen Fürsten bewundern, der
ein Königreich erworben hat, ohne ein Naturrecht darauf zu besitzen, der in der
Regierung bleibt, ohne geliebt zu werden, der despotisch regiert, ohne zu unterjochen, der die Fähigkeiten eines Generals
und den Mut eines Soldaten hat und trotzdem niemanden wegen seiner Religion
verfolgt, der menschlichen Aberglaube verachtet und sittenstreng ist, -
diejenigen werden Wilhelm von Oranje vorziehen.
Diejenigen dagegen, die
den Pomp eines glänzenden Hofes bewundern, die Förderung der Künste und des öffentlichen
Wohls anstreben, die Leidenschaft für
den Ruhm und die politische Begabung für
das Regieren schätzen, werden ihre Vorliebe auf Ludwig XIV richten. “Ceux qui estiment plus l’avantage d’avoir acquis
un royaume sans aucun droit de la nature, de s’y être maintenu sans être aimé,
d’avoir gouverné despotiquement la Hollande sans la subjuguer, d’avoir été
l’âme et le chef de la moitié de l’Europe, d’avoir eu les ressources d’un
général et le valeur d’un soldat, de n’avoir jamais persécuté personne pour la
religion, d’avoir méprisé toutes les superstitions des hommes, d’avoir été
simple et modeste dans ses mœurs ; ceux-là, sans doute, donneront le nom
de grand a Guillaume plutôt qu’à Louis. Ceux qui sont plus touchés de plaisirs
d’une cour brillante, de la magnificence, de la protection donnée aux arts, du
zèle pour le bien public, de la passion pour la gloire, du talent de
régner ; »
In England hat der Bürgerkrieg das Land
verarmt. Der geniale Cromwell regiert als großer König. Dank seiner großen
Fähigkeiten als Führer
kann er alle seine Verbrechen als
Usurpator verdecken (S.142):
« (…) dans son gouvernement couvrit des qualités d’un grand roi tous les
crimes d’un usurpateur. »
An Deutschland lobt Voltaire seine Vorliebe für die Arbeit, seine
Geduld und die Robustheit seiner Bevölkerung. Er bedauert dagegen, dass die
Strenge seiner Sitten zusammen mit seinem Mangel an Geld, den Genuss der kleinen
Freuden des Lebens verhindere. (S. 129) « L’empire d’Allemagne est le plus puissant
voisin qu’ait la France ; (…) moins riche peut-être en argent, mais plus
féconde en hommes robustes et patients dans le travail. (…) Chaque membre de
l’Empire a ses droits (…) et la connaissance difficile de tant de lois, (…) »
(S.134) « L’Allemagne
n’était point alors aussi florissante qu’elle l’est devenu depuis, le luxe y
était inconnu, et les commodités de la vie étaient encore très rares, chez les
plus grand seigneurs. (…) la gravité de mœurs et la lenteur particulière aux
Allemandes les privaient de ces plaisirs. »
Am Kirchenstaat hebt er hervor, dass Festigkeit und Flexibiltät es ihm
ermöglichten, so lange Zeit eine Vormachtstellung bewahren konnte. (Pg.145) « Je ne sais si
une autre nation eût pu conserver si longtemps dans l’Europe tant de
prérogatives toujours combattues: toute autre cour les eût peut-être perdues,
ou par sa fierté, ou par sa mollesse, ou par sa lenteur, ou par sa
vivacité ; mais Rome employant presque toujours à propos la fermeté et la
souplesse, a conservé tout qu’elle a pu humainement garder. »
Der Rest Italiens ist geteilt. Sein politischer
und ökonomischer Einfluß ist schwächer geworden. Trotzdem profitiert es immer
noch von der Pracht vergangener Zeiten. Die
Schweizer sind intelligente, freie und glückliche Menschen, wenn auch arm.
Voltaire hält die europäischen Staaten
des Nordens – Polen, Dänemark, Schweden und Russland - für weniger entwickelt.
Sie neigten dazu, ihren Nachbarn zu mißtrauen und ihnen den Krieg zu erklären.
Die Türkei
spielt
eine zentrale Rolle in Europa. Faulheit und Grausamkeit erobern den Serail. Die
Sultane sind trotz härtester Tyrannei zugleich unter allen Herschern diejenigen,
die am wenigsten ihres Thrones und ihres Lebens sicher sind.
Trotz allem haben die Türken lange Zeit die größte
Gefahr für die christliche Welt
bedeutet. Dank ihre Erfahrung, Mut, Reichtum und ihre Ausdauer in der Arbeit
haben die Türken
halb Europa erobern können. Nach Voltaire ergab sich die Rettung der europäische Länder nicht aus
dem europäischen Widerstand, sondern aus den Lastern der türkischen Herrschern und
aus der militärischen Unfähigkeit der türkischen
Generäle. (S.
263) « Il est certain que des vainqueurs
tels que les Turcs, avec de l’expérience, du courage, des richesses, et cette
constance dans le travail qui faisait alors leur caractère, devaient conquérir
l’Italie et prendre Rome en bien peu de temps. Mais les lâches empereurs qu’ils
ont eus depuis, leurs mauvais généraux et le vice de leur gouvernement ont été
le salut de la chrétienté. »
Voltaire bleibt nicht
gleichgültig gegenüber den Fehlern seines
eigenen Landes. Von Frankreich sagt
er, dass die Bevölkerung bis in die Zeiten Philippe II Auguste in Sklaverei
gelebt hätten. Weder die Lehnsherren – Tyrannen
bis Ludwig XI - noch die Könige hätten
die Zeit gehabt, sich um das Wohl ihrer Untertanen zu kümmern. Sie hätten auch nicht die Macht dafür besessen. (S.125)
« En France, les peuples furent
esclaves jusque vers le temps de Philippe Auguste; les seigneurs furent tyrans
jusqu’à Louis XI ; et les rois, toujours occupés à soutenir leur autorité
contre leurs vassaux, n’eurent jamais ni le temps de songer au bonheur de leurs
sujets, ni le pouvoir de les rendre
heureux. » Auf
Seite 126 bedauert Voltaire, dass die Franzosen nicht an den
großen Entdeckungen und Erfindungen der anderen Nationen partizipiert hätten. Er
räumt ein, dass Frankreich bis zur Regierung Ludwig XIV in Unwissenheit (S.156) und in Aberglaube (S.157) versenkt war.
Auf Seite 154 beklagt er den
unterentwickelten französischen Handel. Er befinde sich in den Händen einiger
weniger, die kein Talent dafür
hätten. Auf Seite 155 beschreibt Voltaire
Frankreich als ein durch ständige Bürgerkriege
zerrissenes Land. Die Situation ist so extrem – behauptet Voltaire - dass innerhalb von
zwanzig Jahren mehr Franzosen durch französische als durch feindliche Hände gestorben
seien. (S.155). “Ce n’est pas trop dire que dans le cours de
vingt années, dont dix avaient été troublées par la guerre, il était mort plus
de Français de la main de Français mêmes, que de celle des ennemis.”
Im
Vergleich zu anderen europäischen Ländern sagt Voltaire, dass Frankreich für den Angriff und
Deutschland für
die Verteidigung geeigneter sei (S.135)
«(…) La différence du gouvernement et du génie rend les
Français plus propres pour l’attaque, et les Allemands pour la défense. »
Frankreich
und England unterscheide, dass in England die Kriege immer aus einer gerechten
Wut entstünden (Seite 181 “fureur raissonnée”). Das
Schwert entscheide die Ereignisse. Die besiegten Könige werden nach den selben
juristischen Verfahren verurteilt wie sie für
einen jeden Verbrecher angewendet werden. Die Französen dagegen stürzten sie sich von
Launen getrieben in Aufruhr.
Die
Liebe stürzt die Vernunft ins
Verderben. Nicht selten findet man Frauen an der Spitze der Fraktionen. Sie
treiben die Generäle an, Revolte anzufangen und ganze Armeen ihrem Schicksal zu
überlassen. Die naiven
Generäle wollen Frauen gefällig sein, die sich über sie lustig machen. Die Herzogin von Longueville bietet hierfür ein gutes Bespiel. Auf Seite 181 schreibt Voltaire : « La duchesse de Longueville engagea Turenne à peine maréchal de France, à faire révolter
l’armée qu’il commandait pour le roi (1649) Turenne n’y réussit pas ; il
quitta en fugitif l’armée dont il était général, pour plaire à une femme qui se
moquait de sa passion » Auf Seite182 erzählt er, dass der Herzog
von La Rochefocault im Kampf von Saint- Antoine eine tödliche Verletzung
erlitten habe. Vor seinem Tod schreibt er der Herzögin
von Longeville, dass er um ihre Liebe zu verdienen den Königen den Krieg erklärt
habe und er ihn sogar den Göttern erklärt hätte « Pour
mériter son cœur, pour plaire à ses beaux yeux. J’ai fait la guerre aux
rois ; je l’aurais faite aux dieux. »
Voltaire
stellt fest, dass solche Revolten wegen des schwachen und labilen Charakters
der Parteien, die sie organisieren, zum Scheitern verurteilt sind. Die
Uneinigkeit der verschiedenen Agitatoren ermöglicht so das Überleben der
königlichen Regierung (S.184) (…) mais
les révoltés furent toujours désunis, et c’est qui sauva la cour.
B.
Europa
ist verarmt wegen nutzloser Kriege, deren häufigsten Ursachen die
Unfähigkeit und Willkür der Regierungen sind
Auf Seite 152 bemerkt Voltaire, dass die
Politik und die Waffen leider die beiden Berufe zu sein scheinen, die der
menschlichen Natur am ehesten entsprechen. Die öffentliche Meinung glaubt, dass
der Erfolg Produkt der Meriten sei. In
Wirklichkeit aber ist er Konsequenz des Zufalls, Seite 226. « (…) mais notre conduite et nos entreprises dépendent
uniquement de la trempe de notre âme, et nos succès dépendent de la
fortune. »
Gute Minister sind so
knapp wie nötig. Ein mächtiger Minister ist nicht dasselbe wie ein guter
Minister. Außerdem - warnt Voltaire - ist es wichtig zu erinnern, dass man nur
einen durchschnittlichen Geist, guten Sinn und Glück braucht, um ein mächtiger Mnister zu
sein. Dagegen steht für
den guten Ministe die Leidenschaft für
das Allgemeine Wohl im Vordergrund.
Der große Mann ist
derjenige, die seinem Vaterland nützliche
Werke hinterlässt. Voltaire benutzt das Wort „Monument“, um das zu beschreiben.
Er bezieht sich damit nicht auf Bauwerke, sondern auf die Werke, die eine
Gesellschaft aufbauen und sie erhalten, Seite
227 « En fin, il est très vrai que, pour faire un puissant ministre il ne
faut souvent qu’un esprit médiocre, du bon sens et de la fortune ; mais
pour être un bon ministre, il faut avoir pour passion dominante l’amour du bien
public. Le grand homme d’État est celui dont il reste de grands
monuments utiles à la patrie. »
Es sind die dem Vaterland geleisteten Dienste und nicht die Titel, die für die Nachwelt wichtig sind, Seite 330 « Les titres ne servent de rien pour la postérité ;
le nom d’un homme qui a fait de grandes choses impose plus de respect que
toutes les épithètes. »
Voltaire betrachtet Kriege als den Ursprung des schlimmsten
Unglücks und Elends für die Völker. Häufig
beruhen sie auf undurchsichtigen wie
nutzlosen Interessen.
So sieht sich zum
Beispiel Anna von Österreich gezwungen, den von Richelieu gegen ihren Bruder
Philipp IV begonnenen Krieg weiter zu führen.
Sie liebte ihren Bruder, es gab auch
keine Gründe, die den Krieg
rechfertigen konnten – noch nicht einmal Navarra wiederzugewinnen, Seite 160 « Anne d’Autriche fut
obligée d’abord de continuer la guerre contre le roi d’Espagne, Philippe IV,
son frère, qu’elle aimait. Il est difficile de dire précisément pourquoi l’on
faisait cette guerre ; on ne demandait rien à l’Espagne, pas même la
Navarre, qui aurait dû être le patrimoine des rois de France. On se battait
depuis 1635, parce que le cardinal de Richelieu l’avait voulu, et il est à
croire qu’il l’avait voulu pour se rendre nécessaire. »
Dagegen überlassen die europäische
Könige die Venezianer angesichts der türkischen
Offensive ihrem Schicksal. Dass
es den Venezianern gelingt, sich zu retten, hat man den schon gennanten Fehlern
der Türken zuzuschreiben, Seite 261 « On ne sait s’il plus
étonnant que les Vénitiens se fussent défendus si longtemps ou que les rois de
l’Europe les eussent abandonnés. »
Statt das Wohl ihres
Landes zu begüngstigen,
schaden ihm die Kriege. Außer der Wille der Minister zum Ruhm oder der Wille
der Könige zur Macht – beides
Betrebungen, die mit dem Wunsch ihrer Bürger
indes nichts zu tun haben – gibt es kaum andere wirkliche Ursache der Kriege.
Dem Volk bleiben die
Siege fremd. Trotzdem muss das Volk mit Leben und Geld die Kosten der Kriege
tragen. Jedem ist bewusst, dass die Generäle sich nicht um Opfer, sondern
allein um den Sieg im Krieg kümmern,
Seite 451
« Peu importe à un général le nombre des morts quand il vient à bout de
son entreprise. »
Deshalb - so Voltaire -
verspürt die europäische
Bevölkerung kein Interesse an den kriegerischen Unternehmungen und die
christlichen Monarchien müssen
Söldner rekrutieren, Seite 216 « Les
nations, dans les monarchies chrétiennes, n’ont presque jamais d’intérêt aux
guerres de leurs souverains. Des armées mercenaires, levées par ordre d’un ministre,
et conduites par un général qui obéit en aveugle à ce ministre, font plusieurs
campagnes ruineuses, sans que les rois, au nom desquels elles combattent, aient
l’espérance, ou même le dessein, de ravir tout le patrimoine l’un de l’autre.
Le peuple vainqueur ne profite jamais des dépouilles du peuple vaincu; il paye
tout; il souffre dans la prospérité des armes, comme dans l’adversité ; et
la paix lui est presque aussi nécessaire, après la plus grande victoire que
quand les ennemis ont pris ses places frontières ».
Ich möchte an dieser
Stelle einen persönlichen Kommentar einfügen:
Aus den Lektüre
des Büches entsteht das Bild
eines Europas, dass durch Krankheiten, Kriege und Hunger verwüstet worden ist und die
Steuergelder verprasst. Zu der natürlichen
Gleichgültigkeit der Bürger gegenüber den kriegerische
Unternehmungen ihrer Fürsten,
muss man –meiner Meinung nach - die Knappheit der Armee an Soldaten aufgrund der Bevölkerungsverluste hinzufügen. Ich vermute, dass eher
letzteres und nicht die Lustlosigkeit der Bürger
der Grund dafür
war, Söldner zu rekrutieren. Da die Generäle und Könige das Leben ihrer
Untertanen kaum kümmerte,
so zweifle ich, auch sie ihre Lust - oder
besser gesagt ihre fehlende Lust - in den
Krieg zu ziehen, überhaupt
in Betracht gezogen haben. Voltaire erzählt, dass der auf einer Missernte
beruhende Hunger für
Ludwig XIV durchaus eine erfreuliche Folge hatte: Die Zahl der Einschreibungen
für die Armee stieg, Seite 499 « La famine qui désolait
les campagnes fut une ressource pour la guerre. Ceux qui manquaient de pain se
firent soldats. Beaucoup de terres restèrent en friche ; mais on eut une
armée. »
Zahlreiche Bürgerkriege und Revolten
haben Frankreich verarmt. Der
Gebrauch des Schießpulvers machte die Schlachten noch blutiger, Seite 448 « La forcé du corps,
l’adresse, le courage d’un combattant ne lui servent plus de rien. Les batailles
sont devenues de grandes machines dont la mieux montée dérange nécessairement
celle qui luis est opposée (…) Ainsi, l’art de se détruire est non seulement
tout autre de ce qu’il était avant l’invention de la poudre, mais de ce qu’il
était il y a cent ans. »
C. Der Friede in Europa
beruht auf einem Gleichgewicht der militärische Kräfte der europäische Nationen
Nicht Weisheit, nicht
Beredsamkeit, sondern militärische Siege führen
zum Abschluss von Friedensverträgen, Seite
505 « L’esprit, la sagesse, l’éloquence ne sont rien dans des ministres
lorsque le prince n’est pas heureux. Ce sont les victoires qui font
les traités. »
Zahllose Kriege haben Europa zerstört und ermüdet. Nach dem Friedensvertrag von
Utrecht vom 11. April 1713 kann immerhin Frankreich sich dank des Wirkens des
Kardinal Fleury erholen. Sein Erfolg beruht nicht auf Neuerungen. Sein Handeln
ist darauf gerichtet, den Frieden zu fördern. Dies erlaubt, dass Frankreich
seine Verluste durch Handel überwinden
kann. Er behandelt den Staat wie einen
starken und kräftigen Körper mit Selbstheilungskräften.
Zum Glück für Europa hatte auch der
englische Premierminister – Robert Walpole -
einen friedfertigen Charakter. Er und Fleurz haben dazu
beigetragen, den Frieden in Europa bis
1733 zu bewahren. Unterdessen haben zwei neue Mächte die Bühne betreten: Russland
und Preussen.
England behält seine Überlegenheit
zur See und Holland verliert zunehmend seine maritime Führungsrolle. Auch Schwedens
Einfluss schwindet. Dänemark blüht.
Spanien und Portugal überleben
nur noch wegen der Reichtümer,
die aus Amerika herein strömen. Italien - zersplittert in zahlreiche Staaten -
wird wird durch Österreich beherrscht.
Der österreischische Hof ersteht aus seiner Asche auf.
Europa bleibt in zwei
große Blöcke geteilt. Auf der eine Seite Österreichische-ungarische Kaiserreich,
zusammen mit Teilen Deutschlands, Russland, England, Holland und Sardinien. Auf
der anderen Seite die Niederlande, Spanien, das Königreich beider Sizilien,
Frankreich, Preussen und Schweden.
Die Kriege zwischen den
verschiedenen Nationen haben Europa verwüstet.
Nur der kalte Krieg – wie wir hier sehen nicht nur ein Phänomen des 20.
Jahrhunderts - konnte die kriegerischen Konflikte begrenzen. Voltaire schreibt,
dass alle europäische Mächte aufgerüstet waren. Ein Gleichgewicht des Schreckens zwischen den
europäischen Mächten in der Erwartung eines dauerhaften Friedens, Seite 550 « Toutes les puissances restèrent armées; et on espéra un repos
durable par la crainte même que les deux moitiés de l’Europe semblaient
inspirer l’une à l’outre.» Seite 561
« (…) de sorte qu’après la paix d’Aix-la- Chapelle les puissances
chrétiennes de l’Europe ont eu environ un million d’hommes sous les armes (…)
il n’y aurait aucun agresseur, parce que tous les États étaient armés pour se
défendre. » Wie man sieht sind die positiven Effekte des kalten Krieges keine
neue Entdeckung unserer Zeiten.
******************************************
Der zweite Band umfasst
die Kapitel vierundzwanzig bis sechsundreißig. Sie drehen sich um die innere
Situation Frankreichs im Allgemeinen und die des Hofes im Besonderen.
Die Anstrengungen, die Ludwig
XIV zu Beginn seiner Herrschaft unternimmt, um seine Macht zu sichern, werden
am Hof mit Bewunderung und Erstaunen aufgenommen. In der Tat war dies kaum zu
erwarten: Kardinal Mazarin war nämlich
mit große Sorgfalt bestrebt, den jungen König
von den Regierungsgeschäften Staates sowie von der Verfügung über das königliche
Budget fern zu halten. Als Ludwig XIV die Regierung antrat, stellte er fest,
dass Mazarin seiner eigenen Familie ein beträchtliches Vermögen zugeschanzt
hatte. Gleichzeitig musste er die Erfahrung machen, dass der Superintendet
Fouquet - der Finanzminister - die die Staatskaase geleert hatte, während
dessen persönliches Vermögen eines der größten Frankreichs war.
Hier sind die
wichtigsten Ideen, die der zweite Band behandelt.
1. Kritik an der Religion –
besonders an der katholischen Religion. Zunächst richtet sich diese Kritik
gegen die Einmischung der Kirche in die politischen Angelegenheiten; darüber hinaus auch gegen
die Nutzlosigkeit theologischer Streitigkeiten, die überflüssige Spaltungen
verursachen. Diese wierderum beruhen eigentlich auf Machtstreben.
Voltaire widmet
wenigstens fünf
Kapitel den eklesiastischen Fragen und den lächerlichen Disputen, die kirchliche
Repräsentanten ständig führen.
Viele kritisieren die politische Rolle religiösischen Institutionen und die
nicht mit ihrer geistliche Funktion zu tun hat. Diese Kritik zieht sich durch
seine ganzes Werk und entspricht dem aufklärerischen Gebot der Trennung von
Staat und Kirche.
Er hält religiöse Kriege
für stupide; durch müßige Menschen
verursacht, die die Völker ins Verderben stürzen.
Religionskriege, ob mit der Feder oder mit dem Schwert, sind immer nutzlos. Die
Meinungsfreiheit und die Gedankenfreiheit sind Grundrechte, die die Staatsmacht
– ganz gleich welche- zu respektieren habe. Nicht selten benutzen die Mächtigen
die Religion, um ihre Tyrannei rechtzufertigen. Dazu erzählt Voltaire eine
Anekdote: Der König reklamierte sich von Gottes Ganden und gerade deswegen betrachtete
die Kirche ihn als von ihr abhängig.
Voltaires Kritik
richtet sich gegen alle religiösen Strömungen: Calvinisten, Jansenisten,
Quietisten sowie Jesuiten und Dominikaner. Als diese beiden religiösen Orden
nach China gekommen sind, fiel ihnen
nichts besseres ein, als sich am chinesischen Hofe vor dem Kaiser zu streiten.
Das Erstaunliche – erzählt Voltaire – war, dass diese beide Ausländer in China
waren. Der chinesische Kaiser war über
den öffentlichen Streit der Ausländer so erstaunt, dass er sie, anstatt sie
hinzurichten, – was an sich zu erwarten
gewesen wäre - verbannt hat.
2. Förderung der Ökonomie.
Die Zahlreichen Kriege Frankreichs haben zum Staatsbankrott geführt. Die Ankurbelung
der französischen Wirtschaft steht auf der politischen Agenda. Colbert wird die
notwendigen Reformen einleiten.
Der französische
Minister wird sich auf unterschiedliche Felder konzentrieren: die Steigerung
der Geburtenrate und die Förderung des verarbeitenden Gewerbe. Als Maßnahmen
werden Steuererleichterungen und staatliche Zuschüsse ergriffen.
Familienpolitik.
Sie zielt auf die Anhebungung der Geburtenrate ab. Ehepaare mit Kindern zahlen
weniger Steuern (Seite 678).
Die Förderung des
Binnen- und Außenhandels. 1662 befreit der König französische Unternehmen von
Steuern, die ausländische Geschäftsleute zu entrichten haben (Seite 675) « Le roi commença, dès
1662, à exempter ses sujets d’une imposition nommée le droit de fret, que payaient tous les vaisseaux étrangers ; et
il donna aux Français toutes les facilités de transporter eux-mêmes leurs
marchandises à moins de frais. »
Der Seehandel wird
gefördert (Seite 675). Die Häfen von
Dünkirchen und Marseille
werden zu Freihäfen erklärt (Seite 675).
Die französische Ostindienkompagnie wird gegründet. Der König unterstützt diese Unternehmen
und ermuntert den Adel, sich daran zu beteiligen (Seite 676). Pondicherry, die wichtigste französische Besitzung in
Indien, rivalisiert mit Batavia – der Hauptstadt Niederländisch-Indiens (Seiten 676-677).
Einführung der Industrie in
Frankreich. Ab 1663 beginnt Frankreich, die
Textilindustrie einzuführen.
Diese war bis dahin in einglischen und holländischen Händen gewesen war. Die
Glasindustrie entwickelte sich ab 1666. Sie wird in vergleichbarer Qualität
produzieren wie die viel bewunderte venezianische Glasindustrie. Dasselbe gilt
für Wandteppichen sagen.
Die der Savonnerie übertreffen
die Qualität der türkischen
und persischen sowie die Gobelins die aus Flandern (Seite 679). Voltaire thematsiert die Bedeutung der religiösen
Toleranz für
den Handel. Er ist davon überzeugt,
dass Frankreich noch mächtiger geworden wäre, wären die Hugenotten nicht
vertrieben worden. Die Calvinisten beherrschten die Kunst der Eisens und des
Stahles. Nach ihrer Emigration blieb Frankreich ohne diese Industrie (Seite 680).
3. Die Bedeutung der
Infrastruktur
Die französische
Infrastruktur wird verbessert. Die
Straßennetz wird erweitert und besser überwacht (Seite 675) « Les
grands chemins, jusqu’ alors impraticables, ne furent plus négligés, et peu à
peu ils devinrent ce qu’ils sont aujourd’hui sous Louis XV, l’admiration des
étrangers. » Die Stadt Paris erfährt eine rasche
Entwicklung. Die Straßen der Hauptstadt werden gepflastert und beleuchtet, damit die Bürger sicherer sind (Seiten 680-681). Es wird verboten, durch die Stadt zu reiten, um
Streitigkeiten zu vermeiden (Seite 700);
ferner das Verbot von Duellen (Seite 687).
Voltaire kristisiert die Verschwendung, die Versailles bedeutet. Er bedauert,
dass so viel Geld für
seine Errichtung investiert worden ist. Dafür
wurden Mittel verschwendet, die für
andere Zwecke nötiger gewesen wären (Seite
696).
4.
Reform
der Gesetze
Voltaire fordert die
Trennung zwischen Kirche und Stadt. Außerdem verlangt er die Notwendigkeit der Neutralität
und Unabhängigkeit der Justiz gegenüber
der königlichen Willkür.
Ich habe den Eindruck, dass er vor allem an die Meinungsfreiheitsrecht denkt. (Seite 611) « Le citoyen
qui n’offense point les lois de l’État doit-il être puni si sévèrement par celui
qui représente l’État? N’y a-t-il pas une très grande différence entre déplaire
à son souverain et trahir son souverain? Un roi doit-il traiter un homme plus
durement que la loi no le traiterait ? »
Diese Idee erinnert an
Montesquieus These. Letzterer unterscheidet zwischen Ehre und Ruhm. Nach
Montesquieu gehört die Ehre in die private Sphäre, der Ruhm dagegen zum
öffentlichen Bereich. Der Ruhm ermutigt
den Menschen zu großen Unternehmungen. Voltaire teilt diese Idee. Voltaire
behauptet, dass der König, der den Ruhm liebt, auch das öffentliche Wohl liebe (Seite
695) “Tout roi qui
aime la gloire aime le bien public.”
5. Konsequenzen der
legislativen und sozialen Reformen
Voltaire merkt an, dass
solche Reformen zu eine Verfeinerung der
Sitten führen, ohne dass die
Tapferkeit nachlasse. Das übermäßige
Luxus sei weniger, die Kaufkraft der dagegen Mittelklasse immer höher geworden.
Der Luxus – sagt Voltaire - bleibe Nationen reserviert,
denen die Lebenskunst unbekannt ist (Seite
701) « On est parvenu enfin à ne plus mettre le luxe que dans le goût et
dans la commodité. La foule de pages et de domestiques de livrée a disparu,
pour mettre plus d’aisance dans l’intérieur des maisons. On a laissé la vaine
pompe et le faste extérieur aux nations chez lesquelles on ne sait encore que
se montrer en public, et où l’on ignore l’art de vivre. » Hauspersonal
werde gekündigt.
Die Häuser würden
komfortabler. Die Entwicklung der Technik ermögliche ein bequemeres Leben und
verleihe das Gefühl
des Reichtum (Seite 713) « (…) on
croirait que l’opulence est vingt fois plus grande qu’autrefois. Tout
cela est le fruit d’un travail ingénieux, encore plus que de la richesse. »
Die sozialen Ungleichheiten
nähmen zu (Seite 702) « (…) et plus
le service en tout genre prévaut sur les titres, plus un État est florissant. »
Voltaire behauptet,
dass die Reformen die Entwicklung der Industrie, der Landwirtschaft und des
Handel befördert hätten. Gleichzeitig ist er überzeugt, dass weder Gold noch Silber ein bequemeres Leben
garantieren. Es ist vielmehr der Geist eines Volkes. Ein Volk, dessen einziger
Reichtum aus Edelmetalen bestehen würde,
wäre ein elendes Volk. Dagegen sei das Volk, das all seine Kraft auf landwirtschaftliche
Aktivitäten konzentriere, zweiflelos ein wahrhaftes reiches Volk. (S.714)
« Ce n’est point en effet l’argent et l’or qui procurent une vie commode:
c’est le génie. Un peuple qui n’aurait que ces métaux serait très
misérable ; un peuple qui, sans ces métaux, mettrait heureusement en œuvre
toutes les productions de la terre, serait véritablement le peuple riche. »
Der progressive
Steuersatz tritt an die Stelle eines willkürlich
festgelegten Steuersatzes. Dies
hat dazu beigetragen, dass die Bauern ihren Wohlstand festigen konnten (Seite 715) « La taille
proportionnelle, substituée à l’arbitraire, a contribué encore depuis environ
trente années à rendre plus solides les fortunes des cultivateurs (…) »
Das heißt nicht, dass
die Figur der Tagelöhner verschwunden ist. Es ist unmöglich die Armut zu besiegen,
aber wenigstens ist es möglich das größte Elend zu beseitigen (Seite 715) « Le manœuvre, l’ouvrier,
doit être réduit au nécessaire pour travailler: telle est la nature de l’homme.
Il faut que ce grand nombre d’hommes soit pauvre, mais il
ne faut pas qu’il soit misérable. »
6. Die Reform der Kriegskunst
Die Kriege haben die
Staaten ruiniert. Auch wenn Voltaire kriegerische Konflikte verabscheut, sieht
er in der Rüstung
eine Notwendigkeit für
die Landesverteidigung. (Seite
687) « Législateur de ses peuples, il le fut de ses armées. » Die
Armee wird reformiert; sie erhält neue Uniformen. Spezialsierte Einheiten
werden gegründet
wie zum Beispiel Bajonettekämpfer (Seite
689) und die Husaren, die Frankreich vor Ludwig XIV nur aus den feindlichen
Armeen kannten. Pioniertruppen werden gebildet und die Kunst des Festungsbaus
wird perfektioniert. Die Institution des Generalinspekteur wird geschaffen, um
die Organsiation der Armee zu überwachen.
Das Ordenswesen zur Ehrung verdienter Soldaten wird eingeführt (Seite 690). Die Marine wird ebenfalls
neu organisiert (Seite 691) und
Kriegshäfen werden ausgebaut (Seite 692).
Voltaires
Schlußfolgerung ist eine doppelte: Einerseits anerkennt er die Verdienste von
Ludwig XIV. Der König hat die französische Armee neu strukturiert und ihr eine
Organisation gegeben, die vorher nicht existierte. (Seite 688) « Il fut le
premier qui, en temps de paix, donna une image et une leçon complète de la
guerre. » Gleichzeitig ist es
Voltaire bewusst, dass der eigentliche Zweck dieser Reorgansiation die Kriegsführung ist. Wie immer wird der Staat dafür finanziell bluten müssen (Seite 696) « La
guerre, qui finit par la paix de Ryswick, commença la ruine de ce grande
commerce que son ministre Colbert avait établi ; et la guerre de la
Succession (d’Espagne) l’acheva. »
7.
Konsequenzen der Kriege
Voltaire lobt die
Reformen der militärischen Strukturen. Gleichwohl sieht er in militärischen
Konflikte die wichtigste Ursache für
Elend und Ruin eines Landes. Der Krieg beraubt die Bürger der Güter, die für den Aufbau eines
Staates notwendig sind. Das Schlimmste sei –behauptet Voltaire seit den ersten
Seiten seines Buches -, dass häufig die wahren Gründe eines Konfliktes in der Laune des
König, in der Willkür
eines Ministers, in der Liebe eines Generals für eine Frau, oder in der religiösen
Intoleranz zu finden sind.
Die Schulden, die durch
bewaffnete Konflikte enstehen, können weder mit der Kriegsbeute noch mit der
Produktion eines Landes ausgleichen werden. Der Sieg bringt so viele Verluste wie die Niederlage.
Das erklärt die schlimme
ökonomische Situation Frankreichs beim Tode Ludwigs XIV - Konsequenzen
zahlloser Kriege. Nicht einmal Colberts Genie konnte Frankreichs ökonomischen
Ruin verhindern. Als Colbert sein Amt antrat, versuchte die Steuern zu senken.
Die Realität forderte allerdings bald ein Gegensteuern. In einem Land, in dem
die Ausgaben die Einnahmen übertstiegen,
blieb ihm dann nichts anderes mehr übrig,
als die Steuern zu erhöhen. Die Abwertung der Währung und die Inflation sind
Themen, die Voltaire im Kapitel achtundzwanzig eingehend behandelt.
8. Der Entwicklung der
Kunst
Voltaire ist überzeugt, dass Ludwig
XIV nur deshalb „le roi Soleil“ gennant werden konnte, weil er Wissenschaft und
Künste förderte. Sonst
wäre seine Regierungszeit wie jede andere gewesen. Die Wissenschaft machte
ständige Forschritte. Voltaire ist mehr an der Technik als an der Mathematik
interessiert. Die Technik ermögliche nämliche im Gegensatz zur Mathematik ein komfortableres
Leben. Seine Kritik konzentriert sich vor allem auf Descartes, weil dieser die
Erfahrung verachtet und gleichsam ein Gebäude ohne Materialien bauen will. Das
kann nur zur Errichtung eines imaginären Gebäude führen. Descartes – kritisiert Voltaire- errät die Natur anstatt sie zu studieren (Seite717) « il [Descartes] fit
le contraire de ce qu’on devait faire: au lieu d’étudier la nature, il voulut
la deviner. Il était le plus grand géomètre de son siècle ; mais la
géométrie laisse l’esprit porté à l’invention.
(…) Un homme qui dédaigna les expériences, qui ne cita jamais Galilée, qui
voulait bâtir sans matériaux, ne pouvait élever qu’un édifice imaginaire. »
Der aufgeklärte Denker
Voltaire verbirgt nicht seine Bewunderung für
die englischen Arbeitsmethoden. Er stellt die „Londoner Freie Gesellschaft“ als
ein Vorbild vor. Man arbeitet unter der Prämisse des Arbeitsethos. Dort werden
Entdeckungen über
das Licht und die Schwerkraft geboren.
Auf Seite 718 meint Voltaire, dass
„das Jahrhundert Ludwig XIV“ auch „das Jahrhundert der Engländer“ heißen könne.
Es wird nicht sehr
lange dauern bis die Franzosen die Modelle der englischen Akademien nachahmen
werden. Die Musik und die Malerei werden gefördet. Tausende neuer Bände werden
die königliche Bibliothek erweitern. Fortschritte im Erziehungswesen und der aufgeklärte
Geist werden viele Formen des Aberglaubens zerstören. Die Franzosen werden zu
wahren Protagonisten der Beredsamkeit, Dichtung, Literatur, Moral und Manieren.
Dies verbindet sich mit der Vollendung der Grammatik und Strukturen der
französische Sprache. Dem Wunsch zu lehren entspricht der Wunsch zu lernen. Die
Fülle der Kultur und
Bildung mache aus den besten Köpfe anspruchsvolle und brillante Kultur- und
Gesellschaftskritiker. Auf Seite 748
stellt sich Voltaire die bange Frage wie mit der Kritik mäßig gebildeter
Menschen und dem Umstand, dass mehr triviale als geniale Werke erscheinen,
umzugehen sei. Für
ihn kein Grund zu kulturpessimisteischer Sorge: Das Wichtigste ist, dass in
einer Nation überhaupt
geniale Werke existieren.
Wenn und solange in
einer Gesellschaft große Kunst existiert, stört Voltaire sich – ganz anders als Ortega y Gasset - keineswegs an der Massegesellschaft. Den
Masse soll man nicht zerstören, sondern ignorieren. Die Kritiker, die ihre
Meinungen ohne Kenntnisse äußern, muss man einfach ignorieren anstatt ihnen Aufmerksamkeit
zu schenken.
Die Gruppe der Besten
ist immer klein. Aber wenn viele gut sind, wird sich die Gruppe der Besten
vergrößern können. Für den aufgeklärten
Voltaire war es undenkbar, dass eine Steigerung in der Erziehung eine
Steigerung der Zahl der gebildeter Ungebildeter hervor bringen könnte; eine
Erhöhung der Zahl der Menschen, die auch wenn sie lesen können kein Interesse
am Wissen, sondern allein am Vergnügen
haben.
Was Voltaire doch weiß
ist, dass die Erfolg und Anerkennung der Besten häufig von Umständen abhängen,
die nichts mit Verdienst und Leistung zu tun haben. Daran liegt die Bedeutung
von Voltaires Rat, Freundschaften zu
schließen und zu pflegen. Er selbst hat das erfahren. In einer kleinen Autobiographie
berichtet Voltaire, dass er seine Stelle in der Akademie der Geschichte nur
dank der Unterstützung
durch die Geliebte des Königs bekommen
hat.
Lange war ihm diese Stelle
wegen des Widerstand der vorherigen Geliebten des Königs verwehrt gewesen.
Voltaire ist der Einfluss der Frauen in der Politik und in der Religion wohl
bewußt. In der Tat konnten sich viele religiöse Tendenzen nur mit weiblicher
Hilfe verbreiten. Im Fall des „Quietismus“ war es sogar eine Frau, die diese
Bewegung angestoßen hat.
9. Die Staatsverschuldung
Voltaire ist der
Ansicht, dass Colbert – Finanzminister unter Ludwig XIV – der wahre Förderer für Industrie und Handel
in Frankreich gewesen sei. Das Volk sei ungerecht, wenn es ihn für die ökonomischen
Rezession in Frankreich ab 1702 verantwortlich macht. (Pg.703) “Les Français lui doivent certainement leur
industrie et leur commerce”. Voltaire gibt zu, dass Colbert noch mehr hätte
leisten können, aber die Hindernisse nahmen zu (Seite 705) « Les
hommes n’étaient pas alors assez éclairés; et dans un grand royaume, il y a
toujours de grands abus. »
Das Hauptproblem lag in der Notwendigkeit, die Steuern zu erhöhen, um die
Ausgaben zu decken, die Kriege, königliche Bauten und Vergnügungen mit sich brachten (Seite 705) « Colbert, pour fournir à la fois aux dépenses des
guerres, des bâtiments et des plaisirs, fut obligé de rétablir, vers l’an 1672,
ce qu’il avait voulu d’abord abolir pour jamais : impôts en parti, rentes,
charges nouvelles, augmentations de gages ;enfin, ce qui soutient l’État
quelque temps, et l’obère pour plusieurs années. »
Ein weiteres Problem
kam hinzu: Colbert war überzeugt,
dass der Reichtum eines Landes in der Zahl seiner Bewohner liege, die in der
Landwirtschaft, der Industrie und im Handel arbeiten. Allerdings nuzte dieser
Reichtum frankreich nicht, da der König unter ständigem Geldmangel litt.
Diese Situation hatte
zwei schlimme Konsequenzen: Einerseits war der König ständig gezwungen, seinen
Untertanen neue Steuern zu anzuordnen. Anderseits war der König willfährig in
den Händen seiner Financiers, die ihm Geld gegen im Gegenzug für den Transfer von
Steuererhebungsrechten geliehen haben. Katharina von Medici hatte diese in
Italien erfundene Finanzierungsmethode in Frankreich eingeführt. Der schädliche
Nebeneffekt in Italien war die Korruption des Staates gewesen, weil es den
Regierenden möglich gemacht wurde, sehr einfach Geld an Geld zu kommen. Ludwig
XIV hatte diese Finanzierungsmerhode in Frakreich verboten. Er hat sogar mit Todstrafe
demjenigen angedroht, der von dieser Finanzierungsmethode Gebrauch machen würde. Das Gesetz ist nie
in Kraft getreten. Ludwig XIV wendete sich dann selbst den Spekulanten und seinen Geschäften zu
(Seiten 705-706) « Il [Colbert] fut
emporté hors de ses mesures; car, par toutes les instructions qui restent de
lui, on voit qu’il était persuadé que la richesse d’un pays ne consiste que
dans le nombre des habitants, la culture des terres, le travail industrieux et
le commerce ; on voit que le roi, possédant très peu de domaines
particuliers, et n’étant que l’administrateur des biens de ses sujets, ne peut
être véritablement riche que par des impôts aisés à percevoir, et également
répartis. (…) Il fit rendre un arrêt du Conseil qui établissait la peine de
mort contre ceux qui avanceraient de l’argent sur de nouveaux impôts. Il voulait,
par cet arrêt comminatoire, qui ne fut jamais imprimé, effrayer la cupidité des
gens d’affaires. Mais bientôt après il fut obligé de se servir d’eux, sans même
révoquer l’arrêt : le roi pressait, et il fallait des moyens prompts. »
« Cette invention,
apportée d’Italie en France par Catherine de Médicis, avait tellement corrompu
le gouvernement par la facilité funeste qu’elle donne. (…) »
Sechs Jahre nach
Colberts Tod im Jahre 1689 hat Europa sich in neue Krieg gestürzt. Die Staatskassen
waren geleert. Staatsvermögen musste verkauft werden, damit die Ausgaben
bezahlt werden konnten. Voltaire distanziert sich von seinen vorherigen
Behauptung und sagt jetzt deutlich, dass eigentlich nicht die Bautätigkeit und Vergügungen Frankreich
verarmt hätten, sondern die Kriege. Es sei immer der Krieg, der Staaten
ruiniert. Nicht einmal die Sieger würden
durch ihre Siege reich. Die einzigen, die sich durch Kriege reicher werden,
seien die Bankiers, die mit ihren Krediten das Recht erkauften, den Staat zu
Boden zu werfen.
In einer solchen
Situation betrachten die Privatpersonen die Regierung als ihre Feinde und
verstecken ihr Geld. Der Mangel an umlaufenden Geld wiederum verarmt den Staat
weiter.Und alles fängt von Neuem an. Man ist mitten in einem tödlichen
ökonomischen Kreis.
Das war die Situation Frankreichs.
Zu den Schuldenproblemen kam auch der harte Winter des Jahres 1709 hinzu. Der
Staat musste Steuern zurückerstatten
und gleichzeitig hatte man kein Geld, um den Soldaten ihren Lohn zu bezahlen (Seite 705-711).
Die Schulden wurden übermäßig. Voltaire
bedauert die Situation. Seiner Meinung nach hätten ein blühender Handel, solide
Schuldscheine und gesunde Unternehmen die Katastrophe verhindern können. Aber
er stellt resigniert fest, dass es viele Mittel nötig gewesen wären, um eine so
komplizierte Machine in Bewegung zu bringen, die von ihrem eigenem Gewicht erdrückt wurde.
Um diese Situation
bewältigen zu können, hat man das englische Finanzsystem übernommen. So haben die Franzosen Tilgungsfonds aufgelegt. Voltaire empiehlt
auch die Einführung von
Papiergeld (Seiten 712-713) « On
a pris le parti de faire de fond
d’amortissement, comme chez les Anglais: il a fallu adopter une partie de leur
système de finance, ainsi que leur philosophie ; et si, dans un État
purement monarchique, on pouvait introduire ces papiers circulants qui doublent
au moins la richesse de l’Angleterre, la puissance de la France acquerrait son
dernier degré de perfection. » So sehr Voltaire die
Schulden fürchtete,
so wenig bereitete ihm die Inflation Sorgen.
In Bezug auf Staatseinhamne traute er weder den Bankiers noch der Kriegsbeute.
Es muss erinnert werden, dass Voltaire überzeugt
war, dass nicht die Ausgaben eines Staates diesen verarmen, sondern die Kreigskosten,
die kein Sieg ausgleichen kann.
Die Schlussfolgerung?
Voltaire will keine geben. Er bezieht sich lieber auf den Erzbischof von Cambray,
der in seinen Versen verrät, dass er inzwischen alt geworden trotzdem nichts anderes als Witze hinterlassen kann. Was
einmal für uns unentbehrlich
war, verliert mit der Zeit an Bedeutung (Seite
860) « Jeune, j’étais trop
sage / Et voulais trop savoir ; / Je ne veux en partage/ Que
badinage/ Et touche au dernier âge/Sans rien prévoir. (…)Il
serait peu important par lui-même, s’il ne prouvait à quel point nous
voyons souvent avec des regards différents, dans la triste tranquillité de la
vieillesse, ce qui nous a paru si grand et si intéressant dans l’âge ou
l’esprit plus actif, est le jouet de ses désirs et de ses illusions. »
Da wir noch nicht zu
dieses abgeklärte Stadium gekommen sind, werden wir in der nächste Woche die
Situation des derzeitigen Europas analysieren. Egal ob wir darüber uns irren oder
nicht, wichtig ist nur, dass wir an die Möglichkeit eines Europa fest glauben
und mit Hilfe dieser tiefen Überzeugung an seinem Aufbau teilnehmen. Um
Europäer zu werden, ist es nicht nötig, viele Sprache zu beherrschen, oder
viele Reise zu unternehmen. Es geht vor allem darum, bewusst zu sein, dass wir
alle eine und die selbe Geschichte teilen. Wenn diese Geschichte die Geschichte
der Kriege und der Grausamkeit ist, ist sie auch die Geschichte des Friedens,
der Kunst, der Wissenschaft und der Freiheit.
Bis zum nächsten Woche!
Isabel Viñado
Gascón
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