Sonntag, 6. März 2016

Ein verzweifelter Ruf nach einer ehrlichen Überlegung

Einer der Vorteile, die das Studium der Philosophie mit sich bringt, liegt im Folgenden: Auch wenn sie nicht lehrt, wo die Wahrheit zu finden ist, zeigt sie doch die Tür, hinter der sich die Unwahrheit verbirgt.
Das werden allerdings diejenigen nie verstehen, die immer wieder in endlosen Litaneien fragen: „Wozu Philosophie? Wozu ist sie nützlich?“
„Um sich nicht betrügen lassen“, antworte ich. Ihre Erwiderung sagt deutlich, was ihre enttäuschten Gesichter schon geäußert haben: „Dafür braucht man keine Philosophie. Es reicht aus, schlau zu sein und sich nicht hereinlegen zu lassen.“ Und in ihrem Tonfall bemerkt man dieselbe Mischung aus Überlegenheit und Geduld, die der eitle Gelehrte benützt, wenn er sich an irgendwelche Holzköpfe wendet.
„Wenn das wahr wäre…“ murmele ich still vor mich hin und entferne mich von diesen so vernünftigen und weisen Menschen, die so sicher sind, sich nie von der öffentlichen Meinung verwirren zu lassen, in die entgegengesetzte Richtung. Was sie so leicht glauben erkennen zu können, scheint mir hoch kompliziert zu sein.

Ein Beispiel? Die Legalisierung von Haschisch und Marihuana.

Immer wieder erfährt man in den Medien wie dringend es sei, Haschisch und Marihuana zu legalisieren. Das Verbot - meinen sie – schaffe mafiöse Schwarzmärkte, aber trage nicht dazu bei, den Verbrauch dieser Drogen zu reduzieren. Deswegen müsse man das Angebot und die Nachfrage legalisieren, um ein transparentes Marktgeschehen zu erreichen. Auf diese Weise könne man die Mafiabanden vertreiben und ihre illegalen Geschäfte bekämpfen. Außerdem, fügen sie hinzu, seien Haschisch und Marihuana nicht so gefährlich wie mancherorts behauptet. Ganz im Gegenteil:  Beide Substanzen enthielten wertvolle Eigenschaften für die Zwecke der Medizin.
Doch all diese Argumentation, die auf den ersten Blick logisch vorkommt, ist eigentlich nicht mehr als ein Wolke Unsinn oder – schlimmer noch - eine Verteidigung von bestimmten Interessen.

In einem ersten Moment beruht die Betrachtung über das Thema der Droge auf einer simplen Überlegung: Legalisierung, ja / Legalisierung, nein.

Die Befürworter des Verbots berufen sich auf die schlimmen Auswirkungen, die Drogen und Alkohol in Bezug auf die individuelle und soziale Gesundheit verursachen. Genauso wie das Delikt der Körperverletzung geächtet und verboten sei, müsse auch ein bestimmtes Konsumverhalten durch das Strafgesetzbuch  sanktioniert werden, weil es den reibungslosen Ablauf einer Gesellschaft störe.
Diejenigen, die für die Legalisierung eintreten, behaupten dagegen, dass eine Strafe für den Konsum von Haschisch und Marihuana kein effizientes Hindernis sei. Deshalb würden beide Stoffe auch unabhängig von einer Sanktion weiter konsumiert werden. Hingegen würde eine Legalisierung zum Verschwinden der Mafiabanden und Drogenhändler beitragen, die derzeit die Verbraucher ausnützten und ihnen Ware ohne jede Kontrolle verkauften. Darüber hinaus würde die Regulierung solcher Märkte den im Moment verarmten und hoch verschuldeten Staaten eine neue Einnahmequelle verschaffen. Nicht zu vergessen sei auch, dass die Legalisierung von Haschisch und Marihuana doch lange nicht eine Einladung zum Konsum bedeute. So wie weltweit Kampagnen gegen Zigaretten durchgeführt würden, könnte man klar stellen, dass der Konsum solcher Substanzen schädlich für die Gesundheit ist.  Tatsache aber ist, dass ich bis heute keine seriöse Kampagne gegen die schädlichen Auswirkungen des Alkohols auf Geist und Physis gesehen habe,  eher die Präsentierung des Alkohols als ein wesentlicher Bestandteil eines erfüllenden und erfolgreichen Soziallebens.

 In einem zweiten Moment geht es um einen Aspekt, den die meisten übersehen. Nämlich: die absolute Legalisierung alle Drogen ohne Ausnahmen.

Das ist der  die meisten Moment, in dem diejenigen, die ihr Schwert gegen eine veraltete Drogen-Gesetzgebung geschwungen haben, verwirrt zu schweigen oder konfus zu stammeln beginnen: „Nein. sas kann nicht sein.“ Sie stammeln, dass nicht jede Droge legalisierbar sei und, dass andere Drogen im Vergleich mit Marihuana und Haschisch viel gefährlicher seien.

Gerade hier, gerade in diesem Punkt, fangen die Probleme an.

Wozu legalisiert man Haschisch? Um den Mafiahandel zu stoppen, Drogenmärkte zu regulieren, oder einfach weil wir Haschisch als „weiche“ Droge betrachten?

„Weicher“ vielleicht im Vergleich zu anderen Drogen, aber ohne Zweifel „härter“ im Vergleich zum Alkohol. Jener Alkohol, der täglich Hunderte und Tausende von Kindern und Frauen auf der ganzen Welt zu Tode prügelt (durch die Hände alkoholisierter, gewalttätiger Partner und Väter), der mehr Todesfälle als Krebs anrichtet, Selbstmord, Unfälle und Mord auslöst. Überlegt man, Haschisch zu legalisieren, um diesen Markt zu regulieren und ihn transparent zu machen, aber will man Designerdrogen vergessen, die täglich in schmutzigen Küchen dieser Welt produziert werden?

Das wäre so als wären Bier und Wein legalisiert, Whisky, Wodka, Rum, Tequila, Anis und Brandy aber verboten!

Man will Haschisch legalisieren, weil sein Verbrauch breit verbreitet ist, aber nicht Kokain, die Droge der High Society, die dem Menschen erlaubt, was ihm seine eigene Natur verbietet? Nämlich: Arbeiten zu können, ohne schlafen zu müssen?

Will man die Volksdroge legalisieren und nicht die Droge der High Society? Geben wir dem Volk, was das einfache Volk verlangt, und lassen wir seine Eliten ohne die für sie notwendige Droge?
Ist das nicht ungerecht? Gerechtigkeit! Gerechtigkeit für die effizienten, für die reiche und unermüdlichen Kokainsüchtigen! Brecht hat aus eigene Erfahrung gesagt, dass der Alkohol die Gewohnheit der „halben Männer“ sei. Lassen wir alle Halb-Menschen frei (nicht nur die Hanf-Menschen). Freiheit für alle! Nicht nur für das einfache Volk. Das ist undemokratisch. Auch die Mächtigen haben Rechte!!

Gerechtigkeit und Gleichheit! Seien wir ehrlich, seien wir anständig: Legalisieren wir alle Drogen.

 „Warum?“- fragen einige - „legalisieren wir Haschisch nicht, wenn doch Alkohol legalisiert ist?“

„Warum? –frage ich - „haben wir so viele Argumente dafür, Haschisch zu legalisieren und reichen diese Argumente nicht für die andere Drogen? Man will Haschisch für die Haschischkonsumenten legalisieren, nicht aber Heroin für die Heroinkonsumenten, nicht die Kokain für die Kokainkonsumenten?“

Man will den Haschischmarkt regulieren und nicht den Kokainmarkt? Man will den Haschischhändler bekämpfen und nicht die Kokain- und Heroinhändler? Gerechtigkeit und Gleichheit! Legalisieren wir die Platin-Nasen und die „pop-schön“ Designerdrogen!

Die Legalisierung von Haschisch sollte auch unter einem anderen Aspekte betrachtet werden. Wo wird geraucht? Hat man den Zigarettenkonsum in der Öffentlichkeit so streng reguliert, um auf eine künftige Liberalisierung von Haschisch vorbereitet zu sein? Ab welchem Alter? Ab sechzehn? Ab achtzehn? Ab zwanzig? Gerade, wenn die junge Leute noch nicht wissen woher sie kommen und wohin sie gehen, gerade wenn der menschliche Geist und das menschliche Gehirn in der wichtigsten Entwicklungsphase sind, geben wir den Jungen, unseren Jungen, das einschlafende Soma? Es würde nur ein Wiegenlied fehlen. Lullaby, lullaby. Ab fünfundzwanzig? Egal. Dann geschieht das Übliche: derjenige der fünfundzwanzig ist, kauft es für den, der sechzehn ist.

Reichen all die Alkoholvergiftungen, die jedes Wochenende die Krankenhäuserbetten überfüllen und die Ärzte und Pflegepersonal überfordern, noch nicht aus?

Und vor mir, verwirrt, fast erschrocken über meine Rede, bleiben alle, die vor einem Moment noch so einfach und fest überzeugt die Legalisierung von Haschisch verteidigt haben. All diejenigen, die ein so liberales Bild von sich selber hatten. All diejenigen, die in angeblich völliger Konsonanz mit der Realität ihrer Zeit sein wollten.

Warum kann Haschisch legalisiert werden? Was macht Haschisch und Alkohol vergleichbar, was differenziert Haschisch von Kokain? Vielleicht, ich frage nur, vielleicht, weil Ziel dieser Legalisierung nicht die Regulierung der Drogenmärkte, nicht die Bekämpfung der Mafiabanden, sondern die Regulierung des Konsums ist. Ein Konsum der – von dem ich gehört habe - in der USA so verbreitet ist, das einige diesen Konsum gar als Teil der amerikanischen Kultur betrachten? Benutzen sie dasselbe Argument wie die Königliche Akademie der spanischen Sprache, die einen bestimmten Gebrauch der Sprache immer dann akzeptiert, wenn sich dieser Gebrauch in der Gesellschaft etabliert hat?

Jeder von Ihnen, der sich gerne liberal und  progressiv gibt, jeder von ihnen, der sich im völligen Einklang mit seiner Zeit sehen will, seien sie ehrlich!! Legen sie fest, was sie wirklich anstreben. Wenn sie Haschisch und Marihuana legalisieren wollen, um die Mafiosi zu bekämpfen, dann müssen sie die Legalisierung aller Drogen – egal welcher Art- verlangen. Falls sie Drogenabhängige beschützen möchten, müssen sie die Bestrafung der Drogenhändler und nicht die Bestrafung der Konsumenten beanspruchen. Und vor allem, wenn sie Kampagnen gegen Alkohol und Haschisch unternehmen möchten, warum warten sie auf die Legalisierung von Haschisch und Marihuana? Fangen Sie schon an!! Das Kind lernt in der Schule „du sollst nicht töten“, „du sollst nicht stehlen“, „du sollst nicht schlagen“, „du deinen Kameraden helfen“ und so weiter. Warum prägt man ihm dann nicht auf dieselbe Art und Weise nicht ein „du sollst deinen Körper und deinen Geist pflegen und du sollst deine Existenz schützen“?

Aber wenn ihr Ziele nicht die Entkriminalisierung aller Drogen ist, wenn sie nicht mutig genug sind, sich dieser Aufgabe zu stellen, geben sie endlich wenigstens zu, dass das, was sie eigentlich verteidigen, die Legalisierung des Konsums einer Substanz ist, die in der amerikanische und auch in unserer Gesellschaft üblich ist. Man muss nur ins Kino gehen, um das bestätigt zu sehen!

Haben Sie den Film „Ted 2“ gesehen? Verrückt, ja. Verrückt aber real. Haschisch und Marihuana gehen Hand in Hand mit Bildungslosigkeit. Es herrscht die Gleichwertigkeit von Allem. Schlimmer noch: Es gibt eine Umkehrung der Werte. In der Welt des Haschischkonsums ist die Subkultur relevanter als die Hochkultur. Ein Beispiel ist ein Dialog des Filmes. Für die Hauptfiguren haben Stallone Filme mehr kulturelle und soziale Relevanz als die großen Autoren der Literatur. Deshalb überrascht es auch nicht, welche Vorstellung dieses Milieu vom Glück hat. Was sieht Vision des Paradises aus? Eine riesige Marihuana-Plantage. Marihuana, das später in einer Marihuana-Pfeife in Penis-Form geraucht wird. Es ist wahr: als ironische Kritik eines Teils der Gesellschaft ist dieses Film hoch interessant. Aber wie jede ironische Kritik enthält dieser Film zugleich einen Kern der Wahrheit. Die Größe dieses Kerns macht mir Sorgen.

Angesichts der Tatsache, dass alle Arten von Alkohol erlaubt sind, nämlich unabhängig vom Alkoholgehalt, appelliere ich an die Aufrichtigkeit und Ehrlichkeit derer, die sich für die Legalisierung von Marihuana und Haschisch einsetzen. Wenn Sie das Ende der Mafias und des illegalen Drogenhandels, die Regulierung der Märkte, neue Einnahmequellen für die Staaten, die Kontrolle des Konsums und den Schutz der Drogenabhängigen -die heutzutage als chronische Kranke zu betrachten sind – anstreben, dann Seien sie mutig. Verlangen Sie die Entkriminalisierung von aller Drogen. Nur so werden Sie ihre edlen Ziele erreichen können.

Wenn Sie dagegen nur die Legalisierung von Haschisch und Marihuana anstreben, muss Ihnen bewusst sein, dass Sie mit einem solchen Anspruch sie eigentlich nicht die Legalisierung, sondern nur die Liberalisierung des Marktes von Haschisch und Marihuana unterstützen. Das erlaubt die Weiterexistenz des illegalen Drogenhandels. Nicht nur das. Diese Händler werden im Fall der Legalisierung-Liberalisierung von Haschisch sogar ihre Profite erhöhen, weil sie die Betriebsstrukturen der Drogenorganisation beherrschen: Produktion, Versand, Kunden, Zahlungen. Das bedeutet auch, dass die Geldwäsche, die die illegalen Aktivitäten notwendig machen, noch einfacher wird. Der legale Drogenhandelssektor würde zur Geldwaschmaschine für den illegalen Sektor.

Genau das erreichen Sie, wenn sie die Legalisierung von Haschisch und Marihuana verlangen: Die Liberalisierung eines Marktes, der – sobald er geöffnet sein wird – von denselben Händen gesteuert werden wird, die jetzt den illegalen Handel steuern. Es würde sich also um die Regulierung einer Aktivität handeln, die zwar neue Einnahmequellen für die Staaten bedeutet, aber die auf jeden Fall neuer Geldwäsche mafiöser Gruppen Tür und Tor öffnet. Von diesem Moment an, Gott schütze sie alle, die jungen Menschen und die Gesellschaft.

Isabel Viñado Gascón.